© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/06 24. Februar 2006

Familienquatsch
Turbulent: "Im Dutzend billiger 2" ist nichts für ganz Kleine
Ellen Kositza

Ja, dies ist eine Ami-Komödie, voller Klamauk, Vorhersehbarkeiten und Überzeichnungen. Und: Ja, es ist im Kern eine Hommage an Großfamilien, ein Hochhalten familiärer Werte - jener family values, die, wie man hört, hoch im Kurs stehen dort in Übersee.

Sowenig wie die erste Kategorie den Film zu einem grundsätzlich schlechten macht, sowenig macht der inhaltliche Zweck ihn zu einer Meisterübung. 2003 avancierte "Im Dutzend billiger" zu einem Kassenschlager, Starkomiker und Hauptdarsteller Steve Martin erzielte mit dem Familienquatsch sein weltweit höchstes Einspielergebnis.

Darum nun ein zweiter Teil mit der vierzehnköpfigen Familienbande: Vater Tom (Steve Martin), Mutter Kate (Bonnie Hunt), zwölf Kinder, die teilweise bereits flügge geworden sind und sich nach und nach anschicken, das heimische Nest zu verlassen. Das sorgt für Kummer beim Vater und leiser Wehmut bei der Mutter. Es kostet die Eltern eine Menge Überzeugungsarbeit, die gesamte Brut inklusive der hochschwangeren Ältesten für einen letzten gemeinsamen Urlaub am Lake Winnekta zu gewinnen.

So recht reißt die Aussicht auf Familienferien keines der Kinder vom Hocker: Ein altes Haus an einem zugegeben malerischen See, mit morschem Steg, einer recht traurigen Reifenschaukel, dazu das Wissen um Vaters Vorliebe für gesamtfamiliäres Übernachten im Freien.

Die Stimmung bessert sich zumindest für den Nachwuchs, als man am anderen Ufer des Sees eine andere Großfamilie ausmacht, die man bereits von früheren Sommerfrischen kennt: den steinreichen Emporkömmling Jimmy Murtaugh (Eugene Levy) mit junger Frau (Carmen Electra) und den acht Kindern aus erster Ehe. Diese Sippe hat mehr zu bieten an sommerlichen Freizeitaktivitäten, Jet-Ski und Riesentrampolin statt Plastikboot, regelmäßig ein opulentes Büffet statt Grillabende.

Die Kinder verstehen sich prächtig, dabei sind sie mit unterschiedlichen Erziehungsmethoden groß geworden: Während die Bakers eine bunte, recht anarchische Truppe sind, teilweise mit Speckröllchen und mäßigen Manieren, glänzen die Murtaughs als Musterschüler und Leistungssportler. Eine durch und durch "kurze Leine" repräsentiert Murtaughs Erziehungsstil, er möchte in seinen Kindern "die besten Aspekte ihres Genpools" lebendig werden sehen. Abends dröhnen von der einen Uferseite muntere Westernlieder vom Lagerfeuer, von der anderen eine vielstimmige Darbietung christlicher Choräle.

Die jüngere Generation schert sich wenig um das Konkurrenzdenken ihrer Väter, das die beiden mit immer härteren Bandagen kämpfen läßt und in der Teilnahme beider Familien an einem Sportwettkampf gipfelt, den dereinst die Murtaughs regelmäßig knapp vor den Bakers gewannen. Doch Jimmy Murtaugh ist entgangen, daß unter der gestählten Oberfläche seiner Sippe längst Unwillen und Widerstand gären ...

Haarsträubend oder wenigstens irreführend ist einmal mehr die Klassifizierung "ohne Altersbeschränkung" durch die FSK: Nur weil hier weder Blut spritzt noch nackte Menschenkörper im Erregungszustand zu sehen sind, empfiehlt sich der Streifen längst nicht für Vorschulkinder.

Die anscheinend nicht synchronisierbare oder bereits weltläufige amerikanische Terminologie mal beiseite gelassen - die Übersetzung von "Daddy", "Coach" und "Cup" ist schnell ins kindliche Ohr geflüstert, schwieriger wird es bei dem immer wiederkehrenden künftigen "linebacker", dem Verteidiger beim American Football, den das Ungeborene einmal abgeben soll -, sorgen vor allem die Pubertätsnöte der Baker-Backfische sowie die actionreichen Turbulenzen im Kopf der sechsjährigen Begleitung für Unverständnis und Kummer.

Wenn etwa durch einen Sturmlauf des Familienhundes die gesamte Tischgesellschaft unter Scherben und zerbrochenen Marmeladentöpfen begraben wird oder eine große Feuerwerkspackung versehentlich in Brand gerät und für heftige Explosionen sorgt, wollen die Hände der kleinen Zuschauerin lange nicht von den Augen weichen, und eine dünne Stimme fragt ängstlich: "Gell, jetzt sind einige von denen aber leider tot?" Für größere Kinder ist "Im Dutzend billiger" jedoch ein unterhaltsamer Kinospaß.

Vater Tom (Steve Martin), Kinder: Anarchische Truppe Foto: 20th centurs fox


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