© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/06 17. Februar 2006

Zeitschriftenkritik: Burschenschaftliche Blätter
Abschied vom Abendland
Werner Olles

Die im Januar 1887 begründeten Burschenschaftlichen Blätter erscheinen nunmehr bereits im 120. Jahrgang. Die Vierteljahreszeitschrift wird herausgegeben von der Deutschen Burschenschaft, dem Dachverband und größten Zusammenschluß von deutschen und österreichischen Burschenschaften. Aktuell ins politische Gespräch kam die DB, als auf dem Karlsruher Bundesparteitag der SPD im November 2005 ein Antrag des Unterbezirks Göttingen/Bezirk Hannover die Mitgliedschaft in einer studentischen Verbindung oder in einem Corps grundsätzlich für unvereinbar mit einer Mitgliedschaft in der SPD erklärte.

Zwar werden auch dieser dubiose Antrag und seine Folgen im jüngsten Heft noch einmal thematisiert, doch schwerpunktmäßig beschäftigt sich diese Ausgabe mit den Fragen eines EU-Beitritts der Türkei. Die auf einem burschenschaftlichen Tagesseminar in Berlin gehaltenen Vorträge zu diesem Thema werden in gekürzter Form wiedergegeben. Während Schriftleiter Herwig Nachtmann daran erinnert, daß bereits 1848 burschenschaftlicher Widerstand gegen den absolutistischen Staat dem Volkswillen zum Durchbruch verhalf, befürchtet der Bevölkerungswissenschaftler Josef Schmid, daß bei einer Aufnahme der Türkei in die EU die Skepsis der europäischen Völker "gegen eine Europa-Konstruktion, die über ihre Köpfe hinweg und hinter ihrem Rücken durchgepeitscht werden will, in offene Aversion umschlagen wird".

Der Islamwissenschaftler Rainer Glagow, der unter anderem stellvertretender Direktor des Deutschen Orientinstituts war, sieht indes das Haupthindernis für einen Beitritt der Türkei in den fundamentalen Unterschieden zwischen westlichem und islamischem Denken. Leider sei jedoch vor allem hierzulande die Tendenz zu beobachten, diese grundlegenden Unterschiede zwischen den Religionen und Kulturen "zugunsten einer herbeigewünschten interreligiösen Scheinharmonie zu verleugnen". Dagegen müsse festgestellt werden, daß das Gottes-, Welt- und Menschenbild des Islam sich ganz wesentlich vom abendländisch-christlichen Verständnis unterscheide. Zudem sei die türkische Identität nicht mit der Kultur Europas vereinbar. Dies alles würde nicht nur für die Türkei zu schwerwiegenden Loyalitätskonflikten innerhalb der Umma, der islamischen Gemeinschaft, führen, sondern auch auf europäischer Seite die Abwehr radikalislamischer Aggressionen oder die Verhinderung türkisch-islamischer Parallelgesellschaften erheblich erschweren.

Bernd Rabehl warnt hingegen vor einer Asiatisierung Europas, da Mitteleuropa und Deutschland - bedingt durch die starke Schrumpfung der Deutschen in den nächsten dreißig Jahren - zum bevorzugten türkischen Siedlungsgebiet erklärt würden: "Der Eintritt der Türkei in die EU und die Masseneinwanderungen läuten deshalb die Sterbestunden der zentraleuropäischen Nationen ein bzw. sind Ausgangspunkt einer Türkisierung und des endgültigen Abschieds von einer deutschen Kultur und Nation. Damit hätte das europäische Abendland seinen Endpunkt erreicht!"

Anschrift: Claus Burghardt. Unter den Linden 7, 36214 Nentershausen. Der Einzelpreis beträgt 6,65 Euro, das Jahresabonnement kostet 21 Euro. Internet: www.bur-schenschaftliche-blaetter.de 


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