© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/06 17. Februar 2006

In Bethlehem leben sie als Menschen zweiter Klasse
Verfolgte Christen: Im Zuge der Islamisierung nehmen staatliche und gesellschaftliche Benachteiligungen in Palästina zu
(idea)

Die Lebensbedingungen der christ lichen Minderheit in Palästina haben sich durch die von der Autonomiebehörde betriebene Islamisierung dramatisch verschlechtert. Das stellt der Politologe Justus Reid Weiner vom Jerusalemer Zentrum für öffentliche Angelegenheiten fest.

Zu den von den Behörden geduldeten Benachteiligungen gehörten der Boykott christlicher Geschäfte und die Erpressung von Schutzgeldern. Eine Anordnung verbiete den Verkauf von Grundstücken an Christen. In Bethlehem, die Geburtsstadt Jesu Christi, seien 1994 30.000 Moslems eingemeindet worden, so daß der christliche Anteil innerhalb von zehn Jahren von 60 auf 20 Prozent gesunken sei. Auch gegen Vergewaltigungen christlicher Mädchen durch Muslime gehe die Polizei nicht entschieden vor, so Weiner. Zahlreiche Christinnen kleideten sich wie muslimische Frauen, um nicht angegriffen zu werden. Der Islam betrachte Christen als Menschen zweiter Klasse, und den Behörden mangele es an der Fähigkeit und dem Willen, Christen vor moslemischen Übergriffen zu schützen.

Dennoch verharmlosten viele Kirchenführer das Leiden ihrer Gemeindemitglieder. Manche befürchteten, ein öffentliches Anprangern werde die Situation verschlimmern. Andere wollten ihre Privilegien nicht verlieren, etwa den Zugang zu Medien oder Reisegenehmigungen. Kritik übt Weiner am Schweigen westlicher Regierungen. Sie opferten die christliche Minderheit auf dem Altar des Friedensprozesses.


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