© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/06 10. Februar 2006

Kolumne
Dunkelmänner aus der Schmuddelecke
Rolf Stolz

Stalin, der lange tafelte, arbeitete und danach lange schlief, ließ sich oft spät in der Nacht amerikanische Wildwestfilme vorführen. Den Sowjetbürgern war solch imperialistischer Schund natürlich strikt verwehrt. Während gläubige Naivlinge sich daran erbauten, daß im Kreml noch Licht brenne, weil der Vater der Werktätigen unermüdlich für das Wohl der Menschheit ackere, begeisterte sich der Massenmörder für die Killer aus der Prärie.

Nun ist Doppelzüngigkeit und Heuchelei kein Privileg der Vergangenheit oder der Politiker vom Rande Europas. Dummheit, Unwissenheit und Nichtnachfragen-Wollen gab und gibt es nicht nur im Osten unseres Kontinents. Menschlich-allzumenschlich und zeitlos ist diese Tragikomödie voller Schwindelhelden und Hinterhof-Narren. Ganz aktuell wird sie aufgeführt von jenen Muslimen, die sich künstlich über die Mohammed-Karikaturen empören, und von ihren westlichen Spießgesellen, die als Verständnissäusler, Dialogtrickser und Terrorbegünstiger allzeit bereit und verfügbar sind. Die Bundeskanzlerin, fest im alten Gleis und Trott der Multikulti-Katastrophenpolitik, hat wieder einmal für alles Verständnis, auch für die angebliche Verletztheit der Muslime, und versteht wieder einmal von allem ein bißchen und von allem nichts. Das ist das bundesdeutsche Panoptikum: Sogenannte "Linke" rechtfertigen die Gewalttaten des arabischen Mobs, und sogenannte "Konservative" mißbrauchen die großen Werte des Glaubens und der Ehre mit kleinem Geist und großen Worten dazu, um gegen die Demokratie und die Meinungsfreiheit Stimmung zu machen. Dunkelmänner aus den pseudolinken und ultrarechten Schmuddelecken träumen vom Bündnis mit dem Islam und wollen endlich ihren untergründigen Haß gegen das Christentum, gegen die Juden, gegen Israel ausleben. Daher schlagen sie sich auf die Seite derer, die Botschaften und Kirchen niederbrennen, oder sie behaupten wie die taz, die (immerhin ja gewaltfreien!) Übertreibungen der Freiheitsliebe im Westen seien genauso verwerflich wie die nicht ganz so friedlichen Übersteigerungen der Religiosität im Orient.

Nein, Gläubige brauchen keinen Terror. Die Terroristen und ihr Gefolge sind keine Gläubigen. Wer stark ist in seinem Glauben an den Gott der Liebe und des Erbarmens, der wird Schmähungen ertragen, der wird sich mit dem Ungläubigen bzw. Andersgläubigen hart, liebevoll und geduldig auseinandersetzen. Den Rest wird er der Zukunft und dem Willen unseres Gottes überlassen, den niemand sehen, begreifen und beeinflussen kann.

 

Rolf Stolz ist Mitbegründer der Grünen und lebt als Publizist in Köln.


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