© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/06 03. Februar 2006

PRO&CONTRA
Sollen die Öffentlich-Rechtlichen auf Werbung verzichten?
Stephan Amtor / Carolin Zapf

Nach den wiederholten Berichten über die unlautere, teils kriminelle Schleichwerbepraxis bei den Fernsehanstalten von ARD, ZDF und den dritten Programmen wird nun zum wiederholten Male die aus Gebühren und Werbeeinnahmen bestehende, sogenannte "Mischfinanzierung" der öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland hinterfragt. Bereits 1956, vor einem halben Jahrhundert, hatte der Intendant Klaus von Bismarck die Einführung von Werbung im öffentlich-rechtlichen System als einen "Sündenfall" gegeißelt. Nun hat auch Peter Voß, Intendant des Südwestdeutschen Rundfunks, geäußert, daß er einen kompletten Werbeverzicht für erwägenswert hält. Noch im Februar 1999 hatte dieser das bestehende Finanzierungssystem gelobt und die Werbung als "Bestandteil der freien Meinungsäußerung", ja, als "gelebte Marktwirtschaft" bezeichnet. Mit Blick auf die von Zwangsgebühren sich nährenden öffentlichen Anstalten, die keinem echten Wettbewerb ausgesetzt sind, klingt dies nachgerade wie ein schlechter Scherz. Denn klar ist, daß der Einsatz von Werbung und die damit zu erwartenden Einnahmen zu einem Schielen auf die Einschaltquoten führt, welches wiederum auf die damit verbundene Gestaltung der Sendeplätze Einfluß nimmt.

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) hat gerade festgestellt, daß die Rundfunkgebühr bei einem Verzicht auf Werbung und Sponsoring um 1,42 Euro monatlich steigen müßte. Angesichts der Tatsache, daß der durchschnittliche Gebührenzahler für andere Kommunikationsbedürfnisse schnell entsprechende Ausgaben tätigt, scheint dieses Modell angemessen. Notwendig bei den Öffentlich-Rechtlichen wäre dann allerdings auch die Abkoppelung von dem oberflächlichen, auf Skandalisierung, Emotionalisierung und Personalisierung ausgerichteten Programmschema der Privaten.

 

Stephan Amtor ist freischaffender Autor und Berater im medienpolitischen Sektor. Er lebt in München.

 

 

Werbung und Sponsoring sind für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine wichtige ergänzende Einnamequelle, die es zum Wohle der Bürger zu erhalten gilt. Ohne Werbung würde die zu zahlende Rundfunkgebühr um 1,42 Euro monatlich steigen. Die Werbeerträge entlasten den Gebührenzahler und helfen mit, die Kosten zu begrenzen.

Werbe- und Sponsoringerlöse sind heute zwingend erforderlich für den Erwerb und die Refinanzierung von Programmrechten, um ein hochwertiges und abwechslungsreiches öffentlich-rechtliches TV- und Hörfunkprogramm zu gewährleisten. Eine Gesamtvermarktung von internationalen Großereignissen ist ohne Sponsoring nicht mehr möglich, da die Rechte von den Veranstaltern meist vertraglich an begleitende Sponsoringmaßnahmen gekoppelt sind. Ohne Werbung und Sponsoring wäre der Erwerb solcher Rechte für die ARD und das ZDF nur noch schwer bis sehr eingeschränkt möglich. Der Zuschauer müßte künftig auf eine Vielzahl von Großereignissen wie beispielsweise die Fußball-WM oder die Olympischen Spiele im öffentlich-rechtlichen Rundfunk verzichten.

Aber allgemein zugängliche Werbung ist noch aus einem anderen Grund wichtig: Sie dient der Information der Zuschauer über Produkte und Preise. Sie sorgt für Markttransparenz und unterstützt die Schaffung marktgerechter Preise für den Verbraucher. Voraussetzung dafür ist auch Werbung im Rahmen von anspruchsvollen Programmumfeldern bei ARD und ZDF, die für die Image- und Markenbildung eines Unternehmens wichtig sind. Bestimmte Kaufinteressierte können hingegen bei den privaten Rundfunkanbietern nicht immer ausreichend erreicht werden. Deshalb gehört Werbung und Sponsoring zum öffentlich-rechtlichen Programm dazu, das die Lebenswirklichkeit der Menschen und der Unternehmen in der heutigen Gesellschaft widerspiegeln soll.

 

Carolin Zapf ist stellvertretende Geschäftsführerin der Organisation Werbetreibende im Markenverband OWM in Wiesbaden.


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