© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/06 27. Januar 2006

Die Ware Tier:
Ich wollt, ich wär' kein Huhn
Christoph Martinkat

Kaum zog die Vogelgrippe über unsere Köpfe hinweg, schon war es da, das Gammel-fleisch. Und kaum waren die übelriechenden Hähnchenschenkel aus den Supermarkt-Regalen entfernt, kam sie wieder, die Vogelgrippe - wirklich weg war sie eigentlich nie. Was tun, fragt sich also Brathähnchenliebhaber Meyer, wie weiland Genosse Lenin beim Aufbau des Kommunismus. Zur Beunruhigung über einen möglichen Hühnerschnupfen gesellt sich ein Anflug von schlechtem Gewissen: Wieder kein Bio-Fleisch gekauft und auch keine Eier von glücklichen Hühnern.

Nicht Himmel und Huhn, eher Hölle und Hohn

Was Autor Christian Rohde über die industrielle Hühnerhaltung in Folge 1 seiner 3-teiligen Dokumentation über die "Ware Tier" (30. Januar, 23 Uhr, NDR) zu zeigen hat, legt nicht nur den anständigsten Appetit lahm, sondern läßt uns deprimiert wie ratlos zurück. Bislang einzigartige Aufnahmen schildern beispielsweise den Alltag in der Legehennenanstalt: Durch die angezüchtete Legeleistung haben die Hühner keine Kraft mehr für den Federwuchs. Die Schnäbel werden mit Gründlichkeit gestutzt wegen der Verletzungsgefahr! Wir sehen Schlachtanlagen mit tödlichen Elektrobädern, Mastanlagen als technisch-logistische Meisterleistungen, in denen der stolze Hahn zwecks Gewinnoptimierung längst ins Reich der Fabeln gehört. Eines ist angesichts dieser Bilder sicher: So kann es nicht gehen oder eben nur schnurstracks dem Ende zu. Selbst der fröhliche Gassenhauer, den einst Heinz Rühmann sang, klingt nur noch traurig. Sie wissen schon, der mit dem Huhn. Der aktuelle Kinofilm "Himmel und Huhn" klingt da wie Hohn.

Foto: NDR. (s2)


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