© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/06 20. Januar 2006

CD: Pop/Rock
Zäsur
Holger Stürenburg

Die meisten kennen Peter Maffay als einen der erfolgreichsten deutschen Rockmusiker - krachende Gitarren, harte Riffs, gediegener Blues, treibender Rock'n'Roll -, der alle paar Jahre gefeierte Platten veröffentlicht und hernach triumphale Konzertreisen durch die größten Hallen, Arenen und Stadien der Republik absolviert. Doch angefangen hatte der gebürtige Siebenbürgener mit ganz anderen Klängen. Überdrehte Schlager ("Du", 1971) und Popballaden sanftesten Zuschnitts ("Josie", 1975, "Und es war Sommer", 1976) bildeten den Hauptteil im Repertoire des frühen Maffay.

Erst 1978 krempelte Maffay sein (nicht nur) musikalisches Leben vollkommen um. Er trennte sich von seinen bisherigen Textern, kündigte den Vertrag mit seinem hanseatischen Konzertmanager, sagte eine geplante Tournee ab und stieg für ein Jahr aus dem Showgeschäft aus. Er reiste zusammen mit seiner Noch-Ehefrau Petra durch die Sahara, flog nach Südamerika, auf die Falklandinseln, nach Feuerland und in die Antarktis. Auf dieser Weltumrundung schöpfte er Kraft und Inspiration für sein kommendes Schallplatten-Projekt, das schließlich einen gänzlich neuen Peter Maffay zutage förderte.

"Steppenwolf" hieß das Resultat, das Maffay im Januar/Februar 1979 im Studio einspielte. Begleitet wurde er von Mitgliedern aus Udo Lindenbergs Panikorchester, was dessen Chef alles andere als genehm war, da nicht nur Lindenberg, sondern die gesamte Deutschrock-Fraktion jener Tage den "Schnulzenheini" Maffay keinesfalls ernstnehmen oder gar als einen der ihren akzeptieren wollte. Doch allen Unkenrufen zum Trotz hielt Maffay für "Steppenwolf" schon drei Monate nach Erscheinen die erste Goldene Schallplatte seines Lebens in Händen. Insgesamt 1,5 Millionen Käufer fand die LP alleine 1979.

Also gedachte Sony-BMG bei der Zusammenstellung ihrer aktuellen elfteiligen Sammler-Edition "Pures Gold" auch und gerade jener Scheibe, die für ihren Interpreten vor mehr als 25 Jahren den Übergang vom Schlager-ins Rockgefilde markierte. Eine Neuauflage von "Steppenwolf" gibt es jetzt in besonderer Aufmachung, die in Form und Ausstattung an die ursprüngliche Goldene Schallplatte angelehnt ist.

Zwölf Songs beinhaltet das längst als Meilenstein der deutschen Rockgeschichte eingestufte Werk. Diese wurden fast durchgehend von Maffay komponiert, nur die Ballade "Jane" ist die deutsche Version eines Songs des hierzulande nur wenig bekannten US-Rockers Burton Cummings. Die Texte stammen überwiegend aus der Feder von Bernd Meinunger, vier Kompositionen betextete Volker Lechtenbrink. Seichte Schnulzen hatten beinahe vollständig ausgedient. Das Eröffnungsstück "So nicht" rockt munter vor sich hin, und der schnelle, aufrüttelnde Titelsong huldigt einem unangepaßten Outlaw, der "den anderen viel zu anders" ist. Zum Überflieger schlechthin avancierte die erste Auskoppelung "So bist Du", eine ergreifende Mischung aus Rock, Blues und Ballade. In der Jahresauswertung der Media-Control-Listen 1979 belegte das Lied den ersten Platz und wurde von der Deutschen Phonoakademie als "Single des Jahres" ausgezeichnet. Bis heute darf das Stück in keinem Tourneeprogramm Maffays fehlen.

Ebenfalls Single-Erfolge wurden die einfühlsame Pianoballade "Du hattest keine Tränen mehr" und die abgeklärte Countryballade "Spuren einer Nacht". Im Vergleich dazu leider nur Durchschnitt: die nicht selten (vor allem lyrisch) banalen Mid-Tempo-Poprocker "Mach's gut, mein Freund", "Auf dem Weg zu mir" oder "Wahrheit".

Auch wenn nicht alle Lieder des knapp 50minütigen Opus zu überzeugen wissen: "Steppenwolf" gehört in jede gutsortierte Plattensammlung.


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