© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/06 13. Januar 2006

Frisch gepresst

Gefahr Gentechnik. Normalerweise sind marktwirtschaftliche Gesetze an die Wechselwirkung von Angebot und Nachfrage gebunden. Bei den gentechnisch veränderten Lebensmitteln verhält es sich komischerweise anders. Kaum ein Konsument fragt "Gennahrung" nach, und trotzdem wird viel Geld in die Entwicklung investiert. Die von Forschung und Produktion profitierenden Wissenschaftler und Unternehmen argumentieren, daß die Gentechnik den Anbau ideal zugeschnittener Pflanzen möglich macht, womit zukünftig die Ernährung der Menschheit gesichert werden könnte. Der österreichische Publizist Manfred Grössler leugnet in der von ihm herausgegebenen Aufsatzsammlung nicht nur diese Behauptung, indem er darauf verweist, daß sich bis heute weltweit nirgends die Gentechnik segensreich auf den Preis oder die Anbaumethoden habe auswirken können. Vielmehr mache eine kleine Gruppe ungeheure Gewinne auf Kosten eines ethisch überaus fragwürdigen Eingriffs in den Bauplan der Natur. Darüber hinaus wisse niemand einzuschätzen, welche katastrophalen Folgen dieser Eingriff noch zeitigen wird, da bereits heute eine nicht mehr wiedergutzumachende "Genverschmut-zung" den empfindsamen natürlichen Kreislauf beeinträchtige (Gefahr Gentechnik. Irrweg und Ausweg. Experten klären auf. Concord Verlag, Mariahof 2005, 363 Seiten, broschiert, 24,90 Euro).

 

Grüne Innenansichten. Seitdem die Große Koalition regiert, ist es leise geworden um die kleinste der Oppositionsparteien, die auch auf Länderebene kaum mehr eine Rolle spielt. Und wie man sich programmatisch zwischen einer linken und einer liberalen Partei definieren will, scheint bei den "Bündnisgrünen" unklar - Umweltpolitik als Alleinstellungsmerkmal genügt jedenfalls offensichtlich nicht mehr. Für ein Gründungsmitglied der Grünen, das nun unter dem Pseudonym Jean Fuchs eine kritische Bilanz zieht, sind die Probleme schwerwiegender. Die Protestpartei mit hohem Moralanspruch habe sich "zu einer Partei der 'Besserverdiener'" entwickelt, die so ziemlich alle ursprünglichen Grundsätze über Bord geworfen habe. Die alten Ideale "ökologisch, basisdemokratisch, sozial und gewaltfrei" seien spätestens nach den sieben Jahren in der Regierung nicht mehr auszumachen. Die "Kosovo-Krieger" hätten "den größten Sozialabbau in der Geschichte der Bundesrepublik" zu verantworten und eine Ökosteuer allein zur Haushaltskonsolidierung geschaffen. Außerdem sei die Parteibasis zur Jubelmasse einer Führerfigur Fischer verkommen. Fuchs, der allerlei interessante Details aus der Parteigeschichte preisgibt, prognostiziert der "Partei, die es nicht mehr gibt" somit eine düstere Zukunft (Der grüne Verrat. Niedergang einer Vision. Verlag Die Blaue Eule, Essen 2005, 168 Seiten, broschiert, 18 Euro).

 

Herbert Gruhl. In den siebziger Jahren machte der CDU-Bundestagsabgeordnete mit seinem Buch "Ein Planet wird geplündert" Furore. Sein Wirken für ein zukunftsorientiertes Umweltbewußtsein sollte danach bis zu seinem Tode 1993 seine Politik bestimmen. Gruhl war Gründungsmitglied der Grünen, trat dann wegen des zunehmenden Einflusses kommunistischer Gruppen aus, initiierte den Aufbau der ÖDP, die er allerdings aus ähnlichen Gründen 1989 verließ. Wie Volker Kempf, Vorsitzender der Herbert-Gruhl-Gesellschaft, im Vorwort des von ihm herausgegebenen Werkes bemerkt (Herbert Gruhl - Unter den Karawanen der Blinden, Europäisches Forum Band 15. Peter Lang Verlag, Frankfurt/ Main 2005, 275 Seiten, broschiert, 39,80 Euro), möchte er mit seiner Sammlung von "Schlüsseltexten, Interviews und Reden" aus der Zeit zwischen 1976 und 1993 eine Lücke schließen, um Gruhls politischen Weg nachzuverfolgen. Die geschickte Textauswahl erschließt darüber hinaus auch das Spannungsfeld von ökologischer Politik und linker ideologischer Vereinnahmung.


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