© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/06 13. Januar 2006

Meldungen

Journalisten: Gewalt und Zensur nehmen zu

BERLIN/PARIS. Im vergangenen Jahr kamen mindestens 63 Journalisten und fünf Medienmitarbeiter während oder wegen ihrer Arbeit ums Leben - zehn Opfer mehr als im Vorjahr. Das teilte vorige Woche die Organisation "Reporter ohne Grenzen" mit. Auch Übergriffe und Zensur nahmen deutlich zu. Mit mindestens 1.006 zensierten oder verbotenen Medien im vergangenen Jahr stieg diese Zahl im Vergleich zum Vorjahr um über 60 Prozent an (2004: 622). Drohungen und gewalttätige Übergriffe übertrafen mit 1.308 Vorfällen die hohen Zahlen aus 2004 (1.146). Einen leichten Rückgang dokumentierte die Menschenrechtsorganisation dagegen bei den vorübergehenden Festnahmen (2005: 807 / 2004:907). China (32 inhaftierte Journalisten) und Kuba (24) haben nach wie vor die meisten inhaftierten Journalisten weltweit. Äthiopien ist nach Massenverhaftungen im November mit 17 Journalisten hinter Gittern das größte Gefängnis für Journalisten in Afrika und hat weltweit Eritrea (13) an dritter Stelle abgelöst. Die Massenverhaftungen in Äthiopien geschahen während Demonstrationen gegen die Wahlergebnisse vom Mai 2005. Weltweit sind derzeit 126 Journalisten und 70 Internetdissidenten hinter Gittern.

 

Deutsche Richter von Medien stark beeinflußt

DÜSSELDORF. Eine repräsentative Umfrage unter Deutschlands Strafrechtverteidiger hat ein vernichtendes Urteil über die Objektivität der Richter ausgestellt. Die von der PR-Agentur Wilmes Kommunikation in Thesenform durchgeführte Befragung hat dabei über 114 Strafverteidiger interviewt. 72,1 Prozent der befragten Strafverteidiger sind demnach der Meinung, daß sich Berufsrichter bei der Urteilsfindung von den Medien beeinflussen lassen. Fast 67 Prozent gehen davon aus, daß die Medien die größte Gefahr der Beeinflussung in einem Gerichtsverfahren darstellen, 85 Prozent meinen, daß mit der Veröffentlichung eines Ermittlungsverfahrens die Vorverurteilung für den Beschuldigten beginne. 80 Prozent meinen, ein klinisch-objektives Urteil ohne jegliche Beeinflussung durch die Medien sei nicht möglich. Wilfried Hamm, Sprecher des Vorstandes und Pressesprecher der Neuen Richtervereinigung, räumte ein: "Richter sind doch auch nur Menschen. Der Druck unter anderem auch der Medien ist manchen Verfahren so groß, daß ich mir vorstellen kann, daß Richter, wenn auch unterbewußt, dadurch beeinflußt werden."

 

Vertriebenen-Ehrung postum für Peter Glotz

BONN. Die höchste Auszeichnung des Bundes der Vertriebenen (BdV), die Ehrenplakette, wird in diesem Jahr postum an den im August 2005 verstorbenen SPD-Politiker Peter Glotz verliehen. Die Verleihung an Glotz sei "ein sichtbares Zeichen der Anerkennung und der Dankbarkeit" der Vertriebenen, erklärte BdV-Präsidentin Erika Steinbach. Aus "innerster Überzeugung" habe Glotz sich für Ziele und Anliegen eines Zentrums gegen Vertreibungen eingesetzt. Noch in seinen letzten Lebenstagen habe er die Hoffnung auf staatliche Unterstützung zum Ausdruck gebracht, so Steinbach. Für Peter Glotz seien die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes niemals eine Rechtfertigung für die Vertreibung der Deutschen gewesen, erklärte die BdV-Chefin und CDU-Bundestagsabgeordnete. Seit Gründung der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen im September 2000 war Glotz ihr Vorsitzender. Über das Zentrum und die Verdrängung der Vertreibungen sprach er im Januar 2005 auch in einem großen Interview mit dieser Zeitung (JF 5/05). Die Auszeichnung wird seiner Witwe im Rahmen eines Festaktes zum Tag der Heimat am 2. September 2006 in Berlin übergeben.


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