© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/06 13. Januar 2006

Die Woche
Die Schuldenfalle
Fritz Schenk

Der große Wurf war es nicht. Aber den hatte auch niemand erwartet, denn schon mit der Ankündigung der Koalitionsklausur Anfang der Woche im brandenburgischen Genshagen war vor zu großen Erwartungen gewarnt worden. Schwarz-Rot ist zufrieden damit, daß die Klausur zur Verbesserung des Vertrauensklimas beigetragen und neues gegenseitiges Verstehen befördert habe. Das wird von den Regierenden offenbar bereits als ein staatstragender Wert angesehen.

Wir haben sodann von Angela Merkel und ihrem Stellvertreter Franz Müntefering erfahren, daß es um das Programm für Wachstum und Beschäftigung ging, um die Verbesserung von Abschreibungen für handwerkliche Leistungen und zur Mittelstandsförderung, das breit und kontrovers diskutierte Elterngeld wurde beschlossen, vor allem aber ging es um ein zusätzliches Investitionsprogramm in Höhe von 25 Milliarden Euro bis 2009. Dieses soll weitere Verkehrsprojekte befördern, in Gebäudesanierungen fließen und zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen.

Diese 25 Milliarden bedeuten selbstverständlich noch höhere und weiter steigende Staatsverschuldung. Da fragt sich, wer einmal auch nur einen Hauch mit wirtschaftlichen Dingen zu tun hatte, was er denn von einem hoch verschuldeten Unternehmer halten würde, der seinen Beschäftigten erst einmal einen kräftigen Schluck aus der Pulle serviert (bezahlt aus der Schuldenkasse), bevor die Arbeit beginnt? Mit dieser Politik setzt die Regierung fort, was vor 40 Jahren in Deutschland angefangen hat. Mit der ersten Großen Koalition und dem Eintritt der SPD in Regierungsverantwortung auf Bundesebene 1966 haben staatliche Konjunkturprogramme auf der Basis von Staatsverschuldung begonnen. Was die Regierungen unter den SPD-Bundeskanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt damit bewirkt hatten, war bescheiden. Kurzzeitig, Anfang der achtziger Jahre mit CDU-Finanzminister Gerhard Stoltenberg, ist das Schuldenmachen mal gestoppt worden. Mit dem Vollzug der Einheit aber begann die Schußfahrt in die Schuldenmacherei.

Unabhängig davon, ob und wie mit dieser Politik die deutsche Misere wieder in den Griff zu kriegen ist, muß vor allem festgestellt werden, daß Merkel und die Union damit so gut wie alles aufgegeben haben, was einmal wirtschafts- und ordnungspolitisches Grundanliegen der Partei gewesen ist. Dies gründete darauf, daß der Staat hauptsächlich Ordnungsfaktor ist, die Regeln des Wirtschaftens vorgibt und dem freien Spiel der Marktkräfte soviel Raum wie nur möglich gibt. Allein dieses Konzept hatte bewirkt, daß der total zerstörte freie Teil Deutschlands nicht nur den Wiederaufbau, sondern auch die Integration von 20 Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen leisten und der Finanzminister auch noch einen "Juliusturm", das heißt einen Überschuß im Staatshaushalt, erwirtschaften konnte.

Mit staatlichen Konjunktur-, Arbeitsbeschaffungs- und Beschäftigungsprogrammen haben schon Hitler und Stalin, Ulbricht und Honecker, aber eben auch "Macher" in Demokratien erst die Staatsfinanzen und schließlich die Währungen ihrer Staaten ruiniert. Bezahlt hat das am Ende immer der sogenannte kleine Mann, in dessen Interesse diese Schuldenpolitik vorgeblich gemacht worden war. Das jetzige Konzept hat mit bürgerlich-liberaler Marktwirtschaft so gut wie nichts mehr gemein.


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