© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/05 09. Dezember 2005

WIRTSCHAFT
Ein Land der freien Preisgestaltung
Bernd-Thomas Ramb

Nach den Plänen der schwarz-roten Regierung soll der "teilweise ruinöse Preiswettbewerb, insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel" künftig noch schärfer bekämpft werden. Die Arbeitsgruppe Verbraucherschutz des zuständigen Bundesministers Horst Seehofer (CSU), assistiert von der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), bemängelt, das bestehende "Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis" schaffe nur "bedingt Abhilfe, da das gelegentliche Anbieten von Waren unter Einstandspreis erlaubt bleibe. Dies soll künftig grundsätzlich untersagt werden.

Seehofer und Zypries reagieren mit der geplanten Gesetzesnovelle auf die wiederholten "Fleischskandale" der letzten Wochen. Dabei unterstellen sie, billiges Fleisch könne nur angeboten werden, wenn daran - im wörtlichen Sinne - etwas faul ist. Der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes HDE, Holger Wenzel, sieht das etwas anders. Seiner Meinung nach können Discounter nicht auf Dauer Fleisch- und Wurstwaren mit Verlust anbieten. Ihre Niedrigpreise würden allein auf günstigen Einkaufsmöglichkeiten basieren. Seehofer meint dagegen, einen Kreuzzug gegen "Geiz ist geil" initiieren zu müssen. Sicher hat Qualität ihren Preis, oder präziser: ihre höheren Kosten. Aber zwischen Spitzengüte und Gammel klaffen Welten. Wer minderwertigere Ware zu geringen Preisen wünscht, muß nicht gleich verdorbene Lebensmittel in Kauf nehmen. Noch leben wir nicht nur in einem Land der freien Produktwahl, sondern auch der freien Preisgestaltung. Statt staatlicher Qualitätszensur, hinter der sich letztlich bloße Preisadministration verbirgt, sollte Seehofer besser die Lebensmittelkontrolle verbessern, um den tatsächlichen Verbrechern das Handwerk zu legen.


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