© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/05 25. November 2005

"Prime Time" auf RTL:
Schmitts Partisan als Werbepause
Christoph Martinkat

Wer keine Lust auf Fernsehgespräche hat à la Maischberger, Beckmann oder Kerner, der sollte bessere Freunde als die Fernbedienung kennen: ein Glas Rotwein, ein gutes Buch, vielleicht Platos Dialoge. Geistvolle und anregende Abendunterhaltung im TV? - Fehlanzeige. Es sei denn, man schaltet nach Mitternacht ein, zur Hauptsendezeit der Künstler, Studenten und arbeitslosen Intellektuellen. "Prime Time Spätausgabe" heißt ein 20-Minuten-Gesprächsformat bei RTL, das aus der Feder des Autors und Filmemachers Alexander Kluge stammt. Hier, wie in "10 vor 11" (RTL) oder "News & Stories" (SAT 1), arrangiert Kluge seine Interviews und Porträts im Spannungsfeld zwischen Dialog und Film-Montage und vermeidet dabei das massenmedial Gestanzte. Es gibt Sätze und Bilder in diesen Sendungen, die durch Wiederaufnahme beim Zuschauer zu Eigentätigkeit und zu komplexerem Verstehen führen. Man erkennt, wozu Fernsehen eigentlich gut sein kann.

Theorie des Partisanen -RTL, nach Mitternacht

Diesmal spricht Kluge mit seinem langjährigen Bruder im Geiste, dem Sozialforscher Oskar Negt. Thema der "Prime Time" (27. November, 00.20 Uhr, RTL): Napoleon vor Madrid. Über Carl Schmitts Theorie des Partisanen. Auf die Verkündung der Freiheitsrechte der Revolution antwortet die spanische Landbevölkerung mit Aufstand und Terror: Napoleon und die Guerilla, Ausgangspunkt für Carl Schmitts "Theorie des Partisanen", erinnert an die aktuellen Versuche, Demokratie und Menschenrechte nach westlichem Vorbild in Ländern wie dem Irak zu installieren. - Oskar Negt berichtet, und der Zuschauer denkt mit.


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