© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/05 25. November 2005

Hubertus Heil
Der Yuppie-Juso
von Peter Freitag

Die mageren 61,7 Prozent, mit denen ihn der Karlsruher Parteitag zum Generalsekretär der SPD wählte, machen Hubertus Heil nicht gerade zum Gewinner; eher schon zum Gewinnler machten ihn die Umstände, wie es überhaupt dazu kam. Heil war einer der Initiatoren der legendenumwobenen Telefonkonferenz, in der die - zunächst erfolgreiche - Kandidatur der Parteilinken Andrea Nahles für diesen Posten vorbereitet wurde, die schließlich zum Sturz des Parteichefs Franz Müntefering führte und so auch Nahles' Traum vom hohen Amt zerplatzen ließ.

Daß es Heil also bereits im zarten Alter von 33 Jahren und trotz seines geringen Bekanntheitsgrades auf solche Höhen politischer Macht geschafft hat, liegt nach Meinung mancher Sozialdemokraten nicht nur an seiner persönlichen Nähe zum neuen Vorsitzenden Matthias Platzeck, sondern auch an seinem erneut unter Beweis gestellten Talent zur Kungelei. Dieses sagen ihm jedenfalls Eingeweihte nach, die den umtriebigen Neu-General aus Zeiten kennen, da er noch Bezirksvorsitzender der Jusos war. Damals, zu Beginn der neunziger Jahre, gab er sich freilich noch nicht so undogmatisch reformorientiert wie jetzt als "Netzwerker", sondern verfolgte einen stramm linken Kurs, so beispielsweise in der Ablehnung des von der Mutterpartei befürworteten Asylkompromisses.

Sein früher Weg in die Politik - Heil trat der SPD schon 1988 mit knapp sechzehn Jahren bei - mag auch an seiner Heimatstadt Peine liegen, die in der Rangfolge unattraktiver Städte Niedersachsens sicher einen der ersten Plätze einnimmt. Wer hier aufwächst, im Niemandsland zwischen Hannover und Braunschweig, kann sich entweder in den nahen Mittellandkanal oder aber in politisches Engagement stürzen. Nach Abitur und Zivildienst zog Heil zum Politikstudium nach Potsdam und heuerte dort 1994 als Mitarbeiter der SPD-Fraktion im Brandenburgischen Landtag an. Aus dieser Zeit kennt er auch seinen jetzigen Dienstherrn Platzeck. 1998 schaffte er den doppelten Aufstieg vom Referenten zum Abgeordneten und vom Potsdamer Land- in den Berliner Reichstag. Maßgeblich protegiert wurde Heil auch durch seinen niedersächsischen Wahlkreis-Nachbarn Sigmar Gabriel, der ebenfalls dem Netzwerk der sozialdemokratischen "Pragmatiker" angehört, jenem Parteiflügel, der behauptet, keiner zu sein, und weitgehend inhaltsfrei in erster Linie dem persönlichen Fortkommen seiner Mitglieder dient.

Daß sich Heil in Karlsruhe nach allen Seiten Zustimmung heischend ausgerechnet mit seinem Engagement gegen "die neuen Nazis" bewarb, ist bezeichnend. Wer sich darunter demokratische Arbeit gegen echten Neonazismus vorstellt, den mag die differenzierte Wortwahl im Stil der militanten Antifa, der sich Heil dabei bediente ("braune Pest" etc.), nachdenklich machen. Tatsächlich zeugt dies nur vom Opportunismus dieses Politikertyps: außen Yuppie, innen Juso, wie es gerade paßt.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen