© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/05 11. November 2005

WIRTSCHAFT
Zum Sparen zu feige
Bernd-Thomas Ramb

Die Verhandlungen über die Bildung einer großen Koalition aus SPD und Unionsparteien werden mehr und mehr von Plänen zur Steueranhebung dominiert. Neben der Absicht, die Mehrwertsteuer nicht um zwei, sondern sogar um vier Prozentpunkte auf dann 20 Prozent anzuheben, wird die alte sozialistische Idee aktiviert, die "Reichen" wieder stärker zur Kasse zu bitten. Gedacht wird dabei weniger an eine Reaktivierung der Vermögensteuer, sondern vielmehr an eine Anhebung des Spitzensatzes der Einkommensteuer, wie sie auch schon im Wahlkampf von der SPD gefordert wurde.

Nach SPD-Berechnungen führt eine Erhöhung des Einkommensteuersatzes bei Einkommen ab 250.000 Euro für Ledige und ab 500.000 Euro für Verheiratete zu Mehreinnahmen von 1,2 Milliarden Euro pro Jahr. Die Summe ist - gemessen an dem diesjährigen Haushaltsloch von 39 Milliarden Euro - ein Tropfen auf dem heißen Stein. Sie stopft in einem weiteren Vergleich zum jetzt zusätzlich notwendigen Bundeszuschuß zur Rentenversicherung gerade einmal die neue Deckungslücke von einem Monat. Die schon jetzt sich abzeichnenden Steuererhöhungspläne der noch nicht bestehenden Bundesregierung setzen ein entmutigendes Signal. Den Haushaltsausgleich, so er denn überhaupt damit erzielt werden kann, durch Steuererhöhung statt durch konsequentes Einsparen erreichen zu wollen, lindert nicht den Aufschrei der Empörung. Er verlagert ihn nur - gesellschaftspolitisch auf die "Reichen" und zeitlich auf die nächste Haushaltsperiode. Glaube doch kein Politiker, er käme letzten Endes um Sparmaßnahmen herum. Die Feigheit vor dieser Offenbarung entlarvt die Steuererhöhungspläne als heillose Flucht vor der Realität.


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