© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/05 04. November 2005

Ströme von Blut
von Peter Lattas

Für die Zukunft sehe er schwarz, prognostizierte einst Enoch Powell. Wie Vergil, der den Tiber von Blut schäumen sah, zog der Tory-Politiker das Fazit aus seiner Generalabrechnung mit der landnehmenden Einwanderung aus anderen Kontinenten. Das war 1968, in seiner Heimatstadt Birmingham. Für diese Rivers of Blood Speech feuerte Edward Heath den konservativen Star-Redner damals aus seinem Schattenkabinett. Bis zu seinem Tode dreißig Jahre später bekleidete Enoch Powell nie wieder ein höheres Amt, obwohl seine düsteren Prophezeiungen längst eingetreten waren.

Laxe Einwanderungspolitik und pseudoliberale Antidiskriminierungsgesetze, warnte Powell, gäben Einwanderergruppen das Werkzeug an die Hand, um sich abzuschotten, ihre Landsleute zu agitieren und letztlich ihre einheimischen Mitbürger zu dominieren. Anschauungsunterricht dazu gibt's dieser Tage wieder mal in Birmingham und im Pariser Vorort Clichy: Eine Latrinenparole reicht aus, um Blut in den Straßen fließen zu lassen. In Birmingham tobte der Bürgerkrieg zunächst zwischen rivalisierenden Ethnien. Längst ist dort, wie in Frankreich, die Staatsmacht im Visier rebellierender Immigranten.

Daß es in Deutschland noch relativ ruhig ist, heißt nicht, daß die multikulturelle Utopie hier geglückt wäre. Die deutsche Zuwanderungspolitik ist nicht besser oder klüger als die französische oder britische, sie ist nur später dran und hat derzeit noch mehr Geld, um soziale Verwerfungen zuzukleistern. Wie schnell der Firnis brechen kann, hat man jetzt gesehen. Powells Kassandraruf gilt auch für uns.


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