© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/05 21. Oktober 2005

Frisch gepresst

Nach der Vertreibung. An drei Fallbeispielen, im ostpreußischen Tollmingkehmen, im oberschlesischen Groß Döbern und im böhmischen Gablonz, beschreibt dieser Band, ein "Begleitbuch" zur WDR-Serie, wie es nach dem 8. Mai 1945 weiterging "Als die Deutschen weg waren: Was nach der Vertreibung geschah: Ostpreußen, Schlesien, Sudetenland" (Rowohlt Verlag, Berlin 2005, 316 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro). Wie man sich denken kann, bietet der Inhalt auch im Abstand von sechzig Jahren keine sonderlich erbauliche Lektüre, da Gewalt, Schrecken, Leid, Verlust den Ton angeben. Adrian von Arburg, der den "Bevölkerungswechsel" im ehemaligen "Sudetengau" beschreibt, ist unter den Beiträgern derjenige, der sich am wenigsten um volkspädagogische Belange schert, wenn er die von Benes initiierten Vertreibungen unzweideutig als völkerrechtswidrigen Bruch des Potsdamer Abkommens bewertet. Auffallend auch, wie Christian Schulz nie in Versuchung gerät, die unsagbare, von der Ankunft der ersten "Sowjetmenschen" bis heute anhaltende Tristesse und den kulturellen Verfall im nördlichen Ostpreußen zu bemänteln. Extrem ärgerlich hingegen der Aufsatz des Kalingrader Professors Juri Kostjaschow, der uns Ostpreußen - eine Provinz, deren Geschichte 700 Jahre lang in sicheren Grenzen verläuft - als "Zankapfel der Völker" verkaufen will.

 

Danzigs Bischof. Ein in der deutschen Öffentlichkeit kaum bekannter Nachkriegsprozeß spiegelt in signifikanter Weise den schwierigen Umgang mit Geschichte bei unserem östlichen Nachbarn wider. 1946 wurde der letzte katholische deutsche Bischof von Danzig, Carl Maria Splett wegen angeblich "polenfeindlichen Verhaltens" zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, aus der er 1956 in die Bundesrepublik ausreisen durfte. Ulrich Bräuel und Stefan Samerski haben nun ein Buch herausgegeben, das die aktuelle Debatte in Polen über das hauptsächlich nationalistisch motivierte Verfahren und dessen Aufarbeitung referiert. Zudem erfährt man durch diesen "Lackmustest des deutsch-polnischen Verhältnisses" viel über die schwierige nationale und konfessionelle Gemengelage in Westpreußen (Ein Bischof vor Gericht. Der Prozeß gegen den Danziger Bischof Carl Maria Splett 1946. Fibre Verlag, Osnabrück 2005, 317 Seiten, gebunden, 24 Euro).

 

Ostpreußens Güter. In den fünfziger Jahren haben Vertriebene über ihre ostdeutschen Heimatkreise oft qualitativ beachtliche Kompendien herausgeben können, die man mangels späterer Neuauflagen heute nur noch antiquarisch erwerben kann. Eine rühmliche Ausnahme ist das jetzt erschienene Buch des Historikers Wulf Wagner, der in einem reich illustrierten Band mit viel Hintergrundmaterial "die Güter des Kreises Heiligenbeil in Ostpreußen" präsentiert (Kreisgemeinschaft Heiligenbeil e.V. 2005, Georg Jenkner, Lenauweg 37, 32758 Detmold , 559 Seiten, gebunden, Abbildungen, 36 Euro plus 5 Euro Porto) - nicht nur für den kleiner werdenden Kreis gebürtiger Ostpreußen interessant.


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