© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/05 14. Oktober 2005

Leserbriefe

Zu: "Pseudo-Patriotismus aus der Retorte" von Dieter Stein, JF 40/05

Im Stil einer Waschmittelwerbung

Im Frühjahr waren wir Papst, im Herbst bekennen wir: "Du bist Deutschland". Vor zwei Jahren hieß das Motto der Medienkampagne zu Hohmann: "Du bist nicht Deutschland!" Seit 40 Jahren erschallt der Ruf: "Du bist Europa". Nach Fischers Visionen hätte sogar zu gelten: "Du bist UN". Ein Potpourri der Identitäten erschüttert den Bürger in Deutschland. Was für den Gutmenschen lediglich eine Dialektik der Aufklärung ist, ist in Wahrheit eine Folge von Agitprop-Aktionen bester kommunistischer Indoktrination, die jetzt bei uns im freien Westen pikanterweise von der vierten Staatsgewalt, der "kritischen" Presse, ausgerufen wurden. Unsere Medien verhalten sich wie der Pyromane bei der Feuerwehr: Zuerst tragen sie dazu bei, die Bindungen innerhalb der Gesellschaft zu zerstören, und nun lassen sie sich als die großen Förderer des Gemeinsinns feiern. Eine Chuzpe Schröderscher Machart! Dabei weiß jeder von uns: "Du bist pleite!" Die 68er-Generation in den Medien und in der Politik hat Angst um ihre Renten, daher wird der Leistungswille eines jeden zur Steigerung des Bruttosozialproduktes stimuliert.

Diese im Stil einer Waschmittelwerbung über eine innerlich zerstörte Nation gestülpte Kampagne wird bald wie eine Seifenblase zerplatzen wie die Reinwaschungsaktion der Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg: "Du bist Persil". Schon in der DDR war die Kampagne "Du bist DDR" ein Flop. Aber vielleicht klappt es ja jetzt: Bei der letzten Bundestagswahl bekannten sich schon 25 Prozent der Wähler freiwillig wieder zu diesem Slogan.

HEINRICH WEHNER, WIESBADEN

 

68er schuld an heutiger Misere

Grund und schuld an der heutigen beklagenswerten Misere sind eindeutig die 68er durch ihren glorreichen Kampf gegen alles, was der Vergangenheit angehörte, egal ob rechtens oder nicht. Hauptsache, ihre eigenen Ideologien kamen gut an. Sie haben ohne Skrupel ihr multikulturelles Ziel erreicht. Schützenhilfe leistete fast täglich das Fernsehen durch bildliche Darstellungen und entsprechende Kommentare über die graue Vergangenheit.

Systematisch wurde eine regelrechte Schuldkultur gezüchtet und unser Volk demoralisiert, so daß die Nachkriegsgeneration anfing, an sich und anderen zu zweifeln. Nur wer ein stabiles Elternhaus hatte, blieb davon verschont. Jetzt, wo das Kind im Brunnen liegt, wird beklagt, es fehle scheinbar an Patriotismus - Ironie des Schicksals! Seht zu, kann ich nur sagen, wie ihr das wieder hinkriegt. Ihr habt doch hoffentlich den Kopf nicht nur fürs Haareschneiden!

MARGOT MAHNER, BREMEN

 

 

Zu: "Vom Regen in die Traufe" von Günter Zehm, JF 40/05

Ergreifen Sie endlich die Initiative!

Es ist immer das gleiche: Nach einer Wahl wird in den rechten Zeitungen und Zeitschriften immer wieder kritisiert, gejammert, verurteilt - auch in der JUNGEN FREIHEIT. Das geht schon seit Jahren, weil keine rechte Partei vorhanden wäre. Ich frage mich dann, warum ändern die Kritiker nichts, warum packen sie es nicht selbst an; wenn Deutschland vor die Hunde geht - so wie sie es prognostizieren - wenn alles so schlimm ist und noch schlimmer wird, ja warum tun sie denn nichts dagegen?

Irgendwann hat man genug, man weiß schon jetzt, wie ein Artikel nach der nächsten Wahl aussehen wird. Ergreifen Sie endlich die Initiative, helfen Sie mit, eine neue konservative Partei zu gründen - viele Wähler werden es Ihnen danken.

NORBERT HAHNER, PENZBERG

 

Durch Wahl zur Verlierernation

Das deutsche Volk wurde wohl durch die "Koalition der Verlierer" endgültig zur Verlierernation. Weder Schröder noch eine politisch dahindümpelnde Merkel dürften das Format haben, sich als Vorbild darzustellen. Wer sich vergleichsweise an Verantwortungsbewußtsein, Hilfsbereitschaft, an ein Miteinander und Füreinander innerhalb der Gemeinschaft erinnern kann, dürfte ohnehin Probleme mit den heutigen "Politikern" haben. Eine Nation, die von den eigenen Volksvertretern heruntergewirtschaftet und gedemütigt wird, wobei das Ausland ungläubig und unverständlich unsere Selbstgeißelung betrachtet, hätte Grund genug zu Reformen.

Schröder hatte bemerkenswerterweise die Teilnahme an einem verlogenen und erzwungenen Irak-Krieg verweigert, um Deutschlands Grenzen dafür am Hindukusch oder im Kosovo verteidigen zu dürfen. Was für ein Kuhhandel! Merkels unwürdiger und peinlicher Auftritt beim US-Präsidenten seinerzeit dürfte noch eine Weile in Erinnerung bleiben. Könnte sie als Kanzlerin mit dieser Vorbelastung die Interessen Deutschlands auch nur andeutungsweise glaubwürdig und mit Würde vertreten? Vor vier Jahrzehnten gab es - wenigstens der Form halber - noch Politiker mit Selbstachtung (nicht zu verwechseln mit Selbstbeachtung) und mit einer Art Vertrauens- und Anstandsgarantie. Heute gibt's das alles ohne!

WILLI A. BROMBACHER, ZWEIBRÜCKEN

 

 

Zu: "Kultur des Todes" von Mathias von Gersdorff, JF 40/05

Anmaßender Kommentar

Da Mathias von Gersdorff in seinem Kommentar zur Errichtung einer Zweigstelle der Schweizer Vereinigung Dignitas in Deutschland schon nach der Achtung eines "Rechts auf Leben" ruft: Sollte es ihm entgangen sein, daß zur Gestaltung dieses Lebens auch das Recht seiner selbstgewählten Beendigung gehört, ohne das alle bürgerlichen Freiheiten illusionär wären?

Hiervon abgesehen halte ich die Ablehnung des Suizids in Situationen, in denen das Leben eines Menschen auf klinisch-vegetative Funktionen bzw. einen unabänderlichen Leidensprozeß reduziert wird, für anmaßend und unmoralisch.

DR. KURT OPITZ, HAMBURG

 

 

Zu: "Reform unserer Reformfähigkeit", Interview mit Hans-Olaf Henkel, JF 40/05

Reiter über dem Bodensee

Das ist also die Elite, die durch den Konvent für Deutschland den schwankenden Gestalten der CDU die Korsettstangen einziehen müßte! So bitter es ist, eine zerbombte Stadt läßt sich wieder aufbauen, eine verfehlte Bevölkerungspolitik aber ist irreparabel. Was ist, wenn Henkel nicht recht hat? Tatsächlich scheint es sich hier um eine unheilige Allianz aus Brüsseler Lobbyisten zu handeln, um nicht noch ärgeres zu vermuten. Da kommt man sich vor wie der Reiter über dem Bodensee.

KARIN KHEMLYANI-ALBRECHT, BENDESTORF

 

Verfechter globaler Wirtschaft

Herrn Henkel ist insoweit zuzustimmen, als Deutschland kein Erkenntnis-, sondern ein - gravierendes - Umsetzungsproblem hat, das nicht zuletzt eine Folge des von Politik und Medien sorgsam gepflegten kollektiven deutschen Schuldkomplexes ist. Ihm ist aber entschieden zu widersprechen, wenn er behauptet, daß Deutschland gegenüber der Türkei zu "Dankbarkeit" verpflichtet ist. Umgekehrt wird ein Schuh draus! Ohne das Schutzschild der Nato - also auch Westdeutschlands! - wäre sie über kurz oder lang einer sowjetrussischen Okkupation anheimgefallen. Die türkischen Gastarbeiter, die zwischen 1961 und 1973 zu Zigtausenden für den Einsatz in der boomenden westdeutschen Wirtschaft vertragsgemäß angeworben wurden, verdienten bei uns gutes Geld und lernten überdies die Annehmlichkeiten unseres sozialen Netzes zu schätzen (so daß die allermeisten gar nicht mehr zurück in ihre Heimat wollten, als der wirtschaftliche Boom vorüber war). Henkel outet sich durch seine teilweise widersprüchlichen Aussagen zum EU-Beitritt der Türkei, zur kulturellen Identität Europas und zu demokratischen Wahlen als ein konsequenter Verfechter globaler Wirtschaftsinteressen, dem die Befindlichkeiten autochthoner Bevölkerungen ziemlich gleichgültig sind.

Mag Henkel auch ein exzellenter Wirtschaftsfachmann sein, seine politischen Vorstellungen sind abwegig. Schuster Henkel, bleib bei deinem Leisten!

BERND SYDOW, BERLIN

 

 

Zu: "Schlecht kopierte Vergebungsgeste" von Alfred Schickel, JF Nr. 40/05

Archaische Sündenbockfunktion

1945 predigte ein polnischer Priester in meiner Heimatpfarrei, Wiedervergeltung sei keine Sünde! Die deutschen Gläubigen waren empört über diese der Botschaft Christi zuwider handelnde Geisteshaltung. Die massenhaften polnischen Nachkriegsverbrechen an der größtenteils unschuldigen ostdeutschen Zivilbevölkerung (inklusive wilder und systematischer Vertreibung und deren verlogener, geschichtsverfälschender Rechtfertigung) passen in dieses von nationalen Interessen und nicht von einem christlichen Geist geleitete "Auge um Auge"-Denken! Welches offensichtlich auch das Handeln von Kardinal Hlond bestimmt hat, als er seine katholischen deutschen Amtsbrüder eigenmächtig aus ihren Ämtern vertrieb. Papst Johannes Paul II. dagegen erwies sich als ein um geschichtliche Wahrheit und Gerechtigkeit sowie um konsequente Christlichkeit bemühter Kardinal, als er vor 40 Jahren "Vergebung gewährte und um Vergebung bat". Das löste in diesem angeblich christlichen Lande heftige Proteste aus.

Inzwischen schwimmt die polnisch-katholische Hierarchie anscheinend wieder im nationalen, die polnischen Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegsverbrechen verdrängenden Fahrwasser: Hier die Opfer - dort die Täter, ganz im Sinne einer archaischen Sündenbock-Projektion! Von Polen muß verlangt werden, daß es seine nationalistische Geschichtsverfälschung korrigiert und damit die Ehre von uns Vertriebenen wiederherstellt. Es muß sich bemühen, seine eigenen Verbrechen, seine Mitschuld, zu erkennen und zuzugeben! Zugeben ist die Voraussetzung zum Vergeben. Nur dadurch können unsere beiden Völker zu wahrer Versöhnung finden! 

RUDOLF TAUBITZ, MÜNCHEN

 

Schlechtes Gewissen der Polen

Daß katholische deutsche und katholische polnische Bischöfe (nicht deutsche und polnische Bischöfe) gemeinsame Erklärungen zur Erinnerung an "Versöhnungsdokumente" vor 40 Jahren unterzeichnen, überrascht nicht, denn gerade die deutschen katholischen "Oberhirten" haben in der Vergangenheit in zunehmendem Maße die Gefühle ihrer vertriebenen "Schafe" mißachtet, um einer sogenannten "Versöhnung" von oben Druck zu verleihen. Dabei wurde und wird immer mehr vergessen, daß die insbesondere durch Polen vertriebenen 15 Millionen Deutschen, die dazu noch in ihrer überwiegenden Mehrheit evangelische Christen waren und sind, in ihrer "Charta der Heimatvertriebenen" vom August 1950 bereits auf Rache und Vergeltung verzichtet haben.

Naiv aber wäre es zu glauben, daß sie sich dadurch das Recht nehmen ließen, an dieses Unrecht zu erinnern und jetzt auch im Zentrum gegen Vertreibungen eine angemessene Form dafür zu finden. Dabei geht es gar nicht um ein "Aufrechnen", sondern schlicht um die Feststellung eines völkerrechtswidrigen Tatbestandes, der, nur weil er an Deutschen verübt wurde, doch nicht einfach als verständliche Vergeltung für deutsche Untaten eine andere moralische Qualität gewinnen kann. Im Grunde genommen aber steht hinter all diesen eigentlich unerhörten und unzumutbaren Versuchen, die historischen Ereignisse vergessen zu machen, das schlechte Gewissen ebendieser Polen und auch Tschechen, die sich nun auch ihren Verbrechen stellen müssen. Versöhnung unter Verzicht auf die klare Benennung von Verbrechen an der deutschen Bevölkerung in Ostpreußen, Schlesien, Pommern und anderswo bleibt dann eine Illusion, und die katholischen Bischöfe erweisen einer wirklichen Versöhnung mit ihrer durchschaubaren Taktik einen Bärendienst.

PROF. DR. DR. Karl-Heinz KUHLMANN, BOHMTE

 

 

Zu: "Mit der Muttersprache zum Erfolg" von Matthias Müller, JF 40/05

Für Türken Fremdsprache?

Wenn türkische Schüler an deutschen Schulen in der Sprache ihres "Migrationshintergrundes" - sprich: der Türkei - unterrichtet werden, titelt Ihre Schlagzeile korrekt mit Mutter-Sprache. Ausländerbeauftragte der Bundesregierung und Schulleiter deklarieren türkischen Sprachunterricht für türkischstämmige Schüler jedoch als Fremd-Sprache. Muß ich das verstehen?

Wenn die zitierte Hulda-Pankok-Gesamtschule Düsseldorf wegen des islamischen Feiertages des Zuckerfestes Klassenarbeiten ("neudeutsch": Lernstandserhebungen / LSE) am 3. November nicht schreiben läßt, "verstehe" ich dies wohl. Bislang kannte ich dergleichen nicht, insbesondere Verschiebungen mit Rücksicht auf jüdische oder evangelisch-reformatorische Festtage. Allerdings würde ich dies nicht einklagen wollen, hieße es dann doch, den demokratiefeindlichen Islam mit Kirche und christlichem Glauben gleichzusetzen. 

FRIEDERIKE BROWN, DORTMUND

 

 

Zu: "Das Wunder ist ausgeblieben" von Klaus Peter Krause, JF 40/05

Furcht vor Meinhard Miegel?

Welche Erfolgschancen hat die von CDU/CSU annoncierte Reduzierung der Lohnnebenkosten zur Schaffung neuer Arbeitsplätze? Die Hälfte der Einnahmen aus einer Mehrwertsteuererhöhung würde nur geringfügig die Entwicklung der Nebenkosten drosseln. Die andere Hälfte der Steuereinnahmen aus dieser Maßnahme verlangen die Länder, um ihre Haushaltsdefizite zu stopfen. Die Erfolgschancen des CDU/CSU-Programms wurden schon vor Jahren durch den Wissenschaftler und Buchautor Meinhard Miegel in Frage gestellt. Nach seinen Untersuchungen ist bei der Schaffung von Arbeitsplätzen mit nennenswertem Erfolg erst ab einem Wirtschaftswachstum von sieben Prozent (!) zu rechnen. Das heißt im Klartext: Unsere Wirtschaft müßte siebenmal so schnell wachsen wie im laufenden Jahr. Eine gigantische Herausforderung, für deren Bewältigung kein Rezept bekannt geworden ist.

Miegel ist der Union nicht fremd. Zur Zeit des CDU-Generalsekretärs Biedenkopf war er Hauptabteilungsleiter in der Parteizentrale. Daher müßte die von ihm formulierte Gefahr der CDU-Führung bekannt sein. Warum wird diese Herausforderung nicht öffentlich im Klartext thematisiert? Ist die Frage so überwältigend, daß man sie nicht öffentlich debattiert, weil eine Antwort nicht in Sicht ist?

WOLFGANG KLERNER, GRAFING

 

 

Zu: "Was bleibt, wenn die besten Köpfe gehen" von Tim König, JF 40/05

"Eliten stoppen" - noch heute!

Der Artikel zeigt auf, wie es in Deutschland aussieht. Erst hat man lange alles getan, um eine Elite zu verhindern, allein schon das Wort "Elite" war verpönt. In Freiburg steht noch heute beim Aufgang zur Universitätsbibliothek "Eliten stoppen"! Und heute werden Eliten noch keineswegs genügend gefördert.

Wie sieht es denn mit der Rechtschreibreform aus? Ein ganzes Volk soll sich nach den Dummen richten - wäre es nicht eher angebracht, unser Volk nach oben zu entwickeln? Wollen die Regierenden uns weiteren Schaden zufügen?

DR. GISELA SPIESS, FREIBURG

 

 

Zu: "Das Hohmann-Syndrom" von Arne Hoffmann, JF 39/05

Tabus als Herrschaftsideologie

Sich auf den Soziologen Arnold Gehlen beziehend, erklärt Arne Hoffmann die gegenwärtige "Deutungshoheit" zeitgenössischer Vorgänge in Deutschland mit der Theorie von den Institutionen, die die Gesellschaft stabilisieren sollen. Dies ist sicher bei den von Hoffmann angeführten Beispielen wie Ehe und Familie, Verwaltung und vorherrschenden Ansichten zur Erziehung richtig. Einleuchtend ist auch seine Beschreibung der Funktion des Tabus. Die Tabuisierung wichtiger gesellschaftlicher Themen aber läßt sich damit nur unbefriedigend erklären. Verständlich werden diese Tabus nur, wenn man sie als Herrschaftsideologie markiert: Ideologie als Vorstellung, die dazu beitragen soll, eine herrschende politische Macht zu legitimieren. 

Klaus Walch,  Frankfurt am Main

 

 

Eingetrichterte Mitverantwortung

Die auch unseren Kindern eingetrichterte Mitverantwortung am Auschwitz-Geschehen kann und wird nicht endlos fortgesetzt werden. 

Karl Dimmig, Neuss


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