© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/05 14. Oktober 2005

Asterix der Gallier
Einer von uns
von Peter Freitag

Am 14. Oktober heißt es wieder einmal: "Ganz Gallien ist von den Römern besetzt. Ganz Gallien? Nein, ..." Und mit diesen wohl bekanntesten Vorspann-Sätzen der Comic-Geschichte beginnt das neue Abenteuer von Asterix dem Gallier "Gallien in Gefahr", über dessen Inhalt sich der Verlag bislang strikt ausschweigt, das aber wohl auch diesmal wieder mit einem deftigen Wildschweinbraten am Lagerfeuer versöhnlich enden wird.

Der kleine Schnurrbart-Träger wurde 1959 von René Goscinny und Albert Uderzo zur Welt gebracht, sein eigentliches Leben verbringt er seitdem jedoch um 50 vor Christus im Norden Galliens. Asterix ist ein im besten Sinne Konservativer: Historisch legitimierte staatliche Autoritäten wie der Häuptling Majestix werden anerkannt, ohne dabei jedoch Servilität zu zeigen; die Religion hat - beim Teutates! - ihren festen Platz, alles folgt einer überlieferten Ordnung, und doch geht es bisweilen handfest und ausgelassen zu. Man lebt im Einklang mit der Natur, ohne jeden modernistischen Öko-Wahn. Die ganze Kraft und Liebe gehört dem eigenen Dorf, nicht weil es besser als andere, sondern weil es eben das eigene ist. Man heißt den Fremden gern willkommen, wenn er als Gast kommt (und wieder geht); Eindringlinge dagegen werden bekämpft, auch und gerade dann, wenn sie in der Überzahl erscheinen.

Beileibe ist Asterix kein Spießer oder Chauvinist, eher ein vorbildlicher Ethnopluralist. Ferne Länder, fremde Völker werden gern von ihm besucht. Vor allem zieht es den gallischen Guerillero dorthin, wo es gilt, dem ewigen Gegner, dem römischen Imperator Caesar und seinen Legionen, auf den Pelz zu rücken: Asterix wurde im Laufe seiner Abenteuer mehr und mehr zum Agenten in Sachen Befreiungsnationalismus, zu einem antiken Che Guevara.

Vor linken Hirngespinsten bewahrt Asterix die klare Erkenntnis, daß Politik die Unterscheidung zwischen Freund und Feind bedeutet, und wo letzterer steht, ist offenkundig. Auch bei der Wahl der Hilfsmittel gibt sich der Krieger mit den Federn am Helm keiner Illusion hin. Im Kampf gegen ein übermächtiges Imperium darf, ja muß gedopt werden - allerdings alles Bio!

Privat bevorzugt er den Männerbund; die effektivste Lebensweise für einen Angehörigen des Wehrstandes, folgt man der These Hans Blühers, wonach das "Mann-männliche Eros" auf den Staat und, weil es heroisch ist, mithin auch auf dessen Verteidigung ausgerichtet ist. Wer jedoch meint, das Zusammenleben unseres Helden mit seinem Kumpel Obelix als eine gay community zu deuten, der hat nichts verstanden.

Uns Deutschen sollte der kleine Gallier nicht zuletzt deshalb sympathisch sein, weil er ein ausgewiesener Verfechter der Überwindung innerstaatlicher Teilung war und mithalf, nicht nur den Großen Graben, sondern auch die Cäsarsche Zersplitterung des Landes ("Gallia est omnis divisa in partes tres") zu überwinden. Dreigeteilt? Niemals!


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