© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/05 14. Oktober 2005

Maut für Finanzminister
von Jörg Fischer

Nicht einmal vier Wochen nach der Bundestagswahl reden die Politiker Klartext und verraten, wie sie den Bürgern noch tiefer in die Tasche greifen wollen. Den Anfang machte Michael Glos: "Wir müssen zu mehr Einnahmen für den Straßenbau kommen", verriet der CSU-Landesgruppenchef im Sender n-tv. Das Wie solle Thema der Koalitionsverhandlungen werden. Anlaß ist der Vorschlag einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Führung Baden-Württembergs, eine Autobahn-Jahresvignette in Höhe von 100 Euro einzuführen - um "endlich" auch Ausländer zur Kasse zu bitten. Das klingt populär. Daß diese Pkw-Maut tatsächlich dem Straßenbau zugute kommt, glauben nur Naive. Die Gebühr soll indirekt die defizitären öffentlichen Kassen aufpäppeln, denn Sparen erscheint noch unpopulärer.

Bei den 100 Euro wird es nicht bleiben. Der "Gerechtigkeit" wegen wird dann bald geklagt werden, daß Wenigfahrer genausoviel zahlen wie "umweltfeindliche" Vielfahrer. Warum also nicht das teure "Toll Collect"-System auch für Pkw einsetzen? Dann ist aber ein dreistelliger Betrag allein für die On-Board-Unit (OBU) fällig. Die Aktionäre von Daimler-Chrysler und Telekom würde es freuen, denn etwa 20 Prozent der Mauteinnahmen fließen an das Betreiberkonsortium.

Und warum nicht gleich alle Autobahnen verkaufen? fragt schon Noch-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD). Potente Investoren aus Übersee stünden sicher bereit - und der Bundesfinanzminister könnte sich einige Jahre weiter durchmogeln. Fahren und zahlen für die Wallstreet? Dann lieber 100 Euro für die Finanzminister.


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