© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/05 07. Oktober 2005

Zeitschriftenkritik: Campus Passau
Universitäre Amerikanisierung
Jochen Schmitt

Ausweislich diverser Ranglisten gilt die Universität Passau als eine besonders angesehene und gefragte Hochschule, vor allem was Jura und Betriebswirtschaftslehre betrifft. Ferner ist bekannt, daß dort viele Kinder von Prominenten studieren oder studierten, etwa Rita Süssmuths Tochter und der Sohn von Michael Glos. Insider wissen aber, daß der exzellente Ruf zum großen Teil auf der effektiven Selbstvermarktung dieser Uni beruht, denn deren Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit leistet gute Arbeit. Deutlich wird dies am sehr geschmackvoll aufgemachten Heft Campus Passau, dem offiziellen Magazin der Universität, das viermal jährlich erscheint.

Im Editorial der aktuellen Ausgabe vermeldet der Rektor Walter Schweitzer, daß es mit den Studiengebühren nun doch länger dauern werde, und lobt zugleich das studentische Engagement, denn die Studierenden gelten als "besonders motiviert, engagiert, flexibel und leistungsbereit".

In einem ausführlichen Beitrag wird dargestellt, wie weit Passau mit der Umsetzung der Hochschulreformen schon fortgeschritten ist. Ab dem Wintersemester sei die von den europäischen Bildungsministern 1999 in Bologna beschlossene Vereinheitlichung der Studienabschlüsse umgesetzt. So könne man sich nur noch für die berufsqualifizierenden Bachelor- und Masterstudiengänge einschreiben, die inhaltlich neu konzipiert wurden. Unter den Studenten und Dozenten wird diese Amerikanisierung jedoch kritisch beäugt und viele witzeln sogar, BA stünde nicht für Bachelor, sondern für Berufsschulabschluß. Überdies erhalten die neuen Studiengänge englische Namen. So heißt BWL jetzt "Business Administration and Economics", ein anderer Studiengang "Business Computing", und Staatswissenschaften nennt man jetzt "Governance and Public Policy". Man wartet förmlich darauf, daß ein Germanistik-Studiengang geschaffen wird, mit dem man einen "BA German Language Studies" erwerben kann.

Der bedeutendste und bundesweit einzigartige Studiengang hieß bisher "Sprachen, Wirtschaft- und Kulturraumstudien", prägnant mit "Kuwi" abgekürzt. Dieses Studium stellt eine Mischung von neusprachlicher Philologie, Kulturwissenschaft und BWL dar. Jetzt kann man statt dessen einen "BA Kulturwirtschaft/International Cultural Studies" erwerben.

Weiter wird in Campus Passau berichtet, daß die Uni verstärkt privatwirtschaftliche Mittel durch Fundraising-, Sponsoring- und Private-Public-Partnership-Projekte akquirieren will. Auch das ist nicht nur ein Ausdruck finanzieller Not, sondern - an den Begriffen erkennbar - ein Zeichen universitärer Amerikanisierung. Humboldt ist schließlich lange tot.

Diverse Beiträge unter der Rubrik "Studentisches Engagement" mit Fotos - Gruppenbilder von Informatikern in T-Shirts und BWL-Studenten im Anzuglockern die Zeitschrift etwas auf.

Abgeschlossen wird das Heft jeweils mit Veranstaltungshinweisen, Berichten über Wissenschaftspreise und Nachwuchswissenschaftler sowie einer Auflistung der aktuell vollendeten Promotionen und Habilitationen.

Anschrift: Rektorat der Universität Passau, Innstraße 41, 94032 Passau. Informationen auch im Internet unter www.uni-passau.de/campus-magazin.html


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