© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/05 07. Oktober 2005

Blick hinter die Kulissen
Medienkampagne: An der Initiative "Du bist Deutschland" beteiligen sich auch sonderbare Zeitgenossen / Deftige Liedtexte und Antifa-Flugblätter
Holger Wartz

Die neue deutsche Aufbruchstimmung kommt mit dem seichten Klaviergeklimper aus dem US-Streifen "Forrest Gump" in die deutschen Wohnzimmer. Katarina Witt, Harald Schmidt, Oliver Kahn und 27 andere Prominente machen in "Deutschlands größter Sozialmarketing-Kampagne" gute Miene zu ihrem Vaterland. Selbst der Rap-Künstler Savas Yurderi, bekannt als "Kool Savas", sinniert in dem zweiminütigen Werbespot, daß man über seinen besten Freund (in diesem Falle ist das "Deutschland") nicht "meckern", sondern die Hand reichen soll. Kool Savas gibt sich sonst lieber als medienfreundlicher Verbal-Rebell und ruft: "Lutsch meinen Schwanz".

Die Medienkampagne "Du bist Deutschland", die nicht an Superlativen spart, läuft seit dem 26. September (JF 41/05). In 40 Zeitschriften und acht überregionalen Zeitungen werden großformatige Anzeigen geschaltet, elf TV-Sender stellen Werbezeit zur Verfügung, in 343 Orten in ganz Deutschland werden 1.866 Kinos mit dem Werbefilm versorgt, 2.326 Plakatwände wurden angemietet. Insgesamt, so die Verantwortlichen stolz, mache das ganze ein "Mediavolumen von mehr als 30 Millionen Euro aus".

Trotz der gewichtige Zahlenbilanz klingen die Erklärungen der Macher luftig-leicht: "Deutschland redet sich selbst schlecht. Dagegen wollen wir einen Impuls setzen und eisnen Bewußtseinswandel für mehr Selbstvertrauen und Motivation anstoßen", sagt Bernd Kundrun, Vorstandsvorsitzender von Gruner + Jahr, bei der Projektvorstellung. "Wir müssen Schluß machen mit Unsicherheit und Verzagtheit. Wir wollen die Menschen motivieren, ihr Selbstbewußtsein stärken und jeden Einzelnen daran erinnern, daß sein Beitrag für dieses Land wichtig ist", ergänzte der Leiter des ZDF-Hauptstadtbüros Berlin, Peter Frey.

Wer glaubt, es gehe hierbei darum, einen neuen Patriotismus für die Deutschen zu entdecken, der hat sich allerdings geirrt, daran läßt auch der Werbefilm keinen Zweifel: Einmal werden Antifa-Flugblätter durch die Luft gewirbelt, und kurz darauf posiert der Mannheimer Popsänger Xavier Naidoo ausgerechnet vor dem umstrittenen Holocaust-Mahnmal in Berlin. Naidoo geht sonst mit der Formation Brothers Keepers auf Tour, deren Texte ein etwas anderes Deutschland-Bild vermitteln: "Aus ist's mit der Reinheit. Für Nazis gibt es mein Beileid. Schwarze, Weiße und Kanaken sind die neue Deutsche Einheit!"

Es lohnt also ein Blick hinter die Kulissen von "Du bist Deutschland". Dort sind nicht etwa Motivationskünstler am Werk, sondern einschlägige und finanzkräftige Organisationen des Bundes. So empfiehlt "Du bist Deutschland" auf seiner Internetseite die Initiative "Gesicht zeigen!", eine vom ehemaligen Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye ins Leben gerufene Organisation. Deren Konzept ist einfach und wirkungsvoll. Zuerst suggeriert sie, in Deutschland könnten vor allem Ausländer, aber auch Linke angesichts der rechten Bedrohung nicht mehr sicher leben, um dann als "Gegengift" das Konzept der multikulturellen Gesellschaft anzubieten. Hierzu müsse man sich namentlich einreihen in die Front gegen den "braunen Mob", Gesicht zeigen eben.

Allein das Gründungsmanifest liest sich wie der Auftakt eines Horrorfilms: "Viel zu lange schon vergiften rechte Gewalttäter die Atmosphäre im Land. Sie knüppeln nieder, was sie nicht leiden können. Sie schlagen blind und betrunken drauflos, doch manchmal auch gezielt und nüchtern. Manche verstehen sich politisch, doch oft sind sie nur von dumpfem Haß beherrscht." Und weiter: "Seit Jahrzehnten leben Millionen Menschen, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind, hier bei uns und mit uns. (...) Es werden noch viele dazukommen. Die Welt ist offen - und Deutschland ist weltoffen. So, wie wir das Recht haben und wahrnehmen, uns in anderen Ländern niederzulassen, so haben auch Menschen aus anderen Teilen der Welt das Recht, bei uns zu leben. Wir sind auf diese neuen Bürger, die nicht in Deutschland geboren sind, angewiesen, wenn wir ein sicheres, wohlhabendes Land bleiben wollen."

Eine andere große und von der Bundesregierung installierte Organisation, die mit der Initiative zusammenarbeitet, ist das "Bündnis für Demokratie und Toleranz: Gegen Rassismus und Gewalt". Das im Jahr 2000 gegründete Bündnis dient vor allem als Koordinierungs- und auch Alimentierungsstelle für unzählige linke Initiativen. So wird dort eine Initiative als besonders vorbildlich gelobt, die "Schöner leben ohne Nazis"-T-Shirts herstellt und über das Internet verkauft.

Auch die "private Initiative" "Zusammen gegen Rechts im Internet" wird empfohlen. Überhaupt gehört es fast bei allen Initiativen zum guten Ton, sich "gegen Rechts" zu positionieren, nie aber gegen Rechtsextremismus oder gar gegen Linksextremismus zu argumentieren. Auch schwul-lesbische Gruppen wie "Lambda" gehören dazu. Letztlich entsteht der Eindruck, als fördere das "Bündnis für Demokratie" vor allem das eigene rot-grüne politische Vorfeld.

Das Bündnis fungiert zudem als Mammutorganisation und quasi als Umschlagplatz für Millionen an Fördergeldern für linke und "antifaschistische" Organisationen. Für das Aktionsprogramm hat der Bund seit 2001 bislang 163 Millionen Euro Fördergelder bereitgestellt, bis 2006 sollen es 192 Millionen Euro werden, teilte das Bundesfamilienministerium auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit.

Dagegen klingen selbst die 30 Millionen für "Du bist Deutschland" wie Peanuts. Letztendlich ist es der Steuerzahler, der diese Programme finanziert. Doch darüber spricht man weder bei den Initiativen noch bei "Du bist Deutschland" gerne. "Unsere Zeit schmeckt nicht nach Zuckerwatte", heißt es im Manifest der "Sozialkampagne" - fast klingt es wie eine Rechtfertigung der horrenden Ausgaben für die rot-grüne Stammklientel.

Die hinter der Kampagne stehende Koalition aus 25 großen Medienunternehmen wird bis ins Frühjahr die Deutschen mit Werbefilmen und Plakaten konfrontieren, damit es zu einem "Ruck" kommt. Wohin dieser Ruck allerdings gehen soll, ist mehr als unklar. Ein Blick hinter die Kulissen schafft Abhilfe.

Foto: Logo der Initiative "Du bist Deutschland": An Superlativen wird nicht gespart


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