© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/05 07. Oktober 2005

Angst vor der fränkischen Übermacht
CSU: Der bayerische Innenminister Beckstein und Staatskanzleichef Huber ringen um die Stoiber-Nachfolge / Kritik an Generalsekretär Söder
Paul Rosen

Noch ist der Bär nicht erlegt, da streiten sich die CSU-Matadore schon um das Fell. Zwar spricht derzeit viel für eine Große Koalition in Berlin und noch mehr dafür, daß CSU-Chef Edmund Stoiber dann in das Bundeskabinett geht. Aber sicher ist das nicht. Schon kämpfen jedoch die Diadochen Innenminister Günther Beckstein und Staatskanzleichef Erwin Huber darum, wer künftig in der bayerischen Staatskanzlei residieren wird.

Ein Ende der Ära Stoiber bedeuten die jüngsten Entwicklungen nicht. Der CSU-Chef behält auf jeden Fall sein Parteiamt und wird die CSU künftig von Berlin aus führen, so wie Theo Waigel dies nach dem Tod von Franz Josef Strauß von Bonn aus getan hat. Auf den gerade 64 Jahre alt gewordenen Stoiber wird die CSU noch lange nicht verzichten können. Politiker dieser Kategorie sind selbst in der mit Nachwuchstalenten gut ausgestatteten CSU Mangelware.

Der Wechsel im Amt des bayerischen Ministerpräsidenten käme jedoch zu einer ungelegenen Zeit. Die CSU befindet sich in großer Unruhe. Bei der Bundestagswahl sackte sie im Freistaat von 58,6 Prozent 2002 auf nur noch 49,2 Prozent ab. Deutschlandweit liegt die CSU mit einem Anteil von etwas über sieben Prozent nur noch auf dem fünften und damit letzten Platz aller Parlamentsparteien.

In der CSU ist eine Debatte über die Fehler im Wahlkampf ausgebrochen. Huber und Generalsekretär Markus Söder wird vorgeworfen, in den Verhandlungen mit der CDU über das Wahlprogramm zu wenig Herz und Soziales durchgesetzt zu haben und den marktliberalen Kräften in der großen Schwesterpartei das Spiel zu leicht gemacht zu haben.

Schon vor der Bundestagswahl bekam auch Stoiber den Unmut zu spüren, als er bei den Vorstandswahlen einen leichten Dämpfer hinnehmen mußte.

Die meisten Kommentatoren sehen Beckstein beim Rennen um die Nachfolge vorne. Der Innenminister ist bundesweit bekannt. Bei allen Wahlen und Nominierungen erreichte Beckstein stets die höchsten Ergebnisse. Huber hingegen galt als Vollstrecker des Ministerpräsidenten in Sachen Verwaltungsreform und Sparpolitik. Beliebt hat sich der Niederbayer damit nicht gemacht.

Aber im CSU-internen Machtgefüge wird dies letztlich nicht entscheidend sein. Für Beckstein spricht dessen Popularität, gegen ihn spricht noch mehr. Der Innenminister ist thematisch auf sein Ressort verkürzt. Für die Sozialpolitik, die die CSU 2008 bei den nächsten Landtagswahlen in Bayern für das entscheidende Thema hält, steht er nicht.

Huber hingegen gilt als vielseitig orientiert. Vieles hängt davon ab, wie sich der stärkste CSU-Bezirk Oberbayern stellen wird. Dort gibt es Sorgen, daß mit Beckstein als Ministerpräsident die Franken in der CSU dominieren: Mit Fraktionschef Joachim Herrmann, Generalsekretär Markus Söder und Landesgruppenchef Michael Glos besetzen Franken bereits jetzt die meisten Spitzenpositionen. Da die CSU den regionalen Proporz hochhält, spricht auch dieser Punkt für den Niederbayern Huber. Aber entschieden ist noch nichts.

Foto: CSU-Politiker Günther Beckstein, Erwin Huber: Der Wechsel käme für die Partei ungelegen


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