© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/05 30. September 2005

Der andere Blick:
Flucht und Vertreibung
Christoph Martinkat

Unstrittig ist: Guido Knopp, der populäre Märchenonkel unter den Historikern, hat auch das Thema Flucht und Vertreibung der Deutschen rundum medial aufbereitet. Man mag sich freilich darüber streiten, ob einem seine Methode, sich zeitgeschichtlicher Themen zu bemächtigen, gefällt: Etwa sein rigides Setzen auf Oral history und die Allmacht der Bilder, seine pathetische Kommentierung bis hin zur Simplifizierung sowie sein unentwegter moralischer Appell an die Gefühlslage einer Nation. Zumindest ist Knopps erfolgreiches Format "ZDF-History" ein Indikator dafür, welche geschichtlichen Themen mittlerweile angefaßt werden dürfen, ohne als politisch unkorrekt zu gelten.

Historisches Panorama und Bestandsaufnahme

"Als die Deutschen weg waren", so lautet der dreiteilige Beitrag des WDR (3., 7. und 14. Oktober, jeweils um 20.15 Uhr) zur 60. Wiederkehr des Kriegsendes. Im Gegensatz zu Guido Knopps reißerischem Untergangsszenario "Die große Flucht" geht die Dokumentation sachlich wie exemplarisch - anhand der Orte Toll-mingkehmen im Kaliningrader Oblast, Groß Döbern in Schle-sien und Gablonz im Sudetenland - einem ganz anderen Fragekomplex nach: Was genau passierte, als Deutsche Haus und Heimat verlassen hatten? Wie haben Russen, Polen und Tschechen die Vertreibung der Deutschen erlebt? Wie erging es jenen Deutschen, die sich zu gehen weigerten oder gezwungen wurden, ihre Nationalität aufzugeben? Ein anderer Blick auf das Thema Flucht und Vertreibung, historisches Panorama und aktuelle Bestandsaufnahme zugleich.


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