© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/05 23. September 2005

Meldungen

Zusammenhalt verzweifelt gesucht

MÜNCHEN. Der Bonner Politikwissenschaftler Volker Kronenberg legte 1999 seine Dissertation über das Werk Ernst Noltes vor, die viel Verständnis für den Berliner Geschichtsdenker zeigte. Mittlerweile ist Kronenberg Akademischer Oberrat, und mit manchen seiner neueren Publikationen scheint er die "Jugendsünde" wiedergutmachen zu wollen, etwa in seinem Pro-Zuwanderungs-Plädoyer im letzten Heft der Zeitschrift für Politik (2/05). Vollends staatstragend fällt nun sein Aufruf "Patriotismus heute" in den CSU-nahen Politischen Studien (400/05) aus. Kronenberg hat erkannt, was kurz nach der Ermordung Theo van Goghs selbst Angela Merkel nicht verborgen blieb, daß der Multikulturalismus nämlich "grandios" gescheitert ist, nicht zuletzt deswegen, weil ihn die Staatskasse nicht mehr bezahlen kann. Immerhin war der Multikulturalismus eine sinnstiftende Ideologie, mehr als bloß materielles Heilsversprechen "sozialstaatlicher Umverteilung". Die nämlich, so merkt auch Kronenberg in Zeiten knapper Kassen, könne die Gesellschaft "auf Dauer nicht von innen zusammenhalten". Wie aber die "wertgebundene Kultur der Kritik und der Toleranz im Rahmen einer offenen Gesellschaft" weiter am Leben erhalten? Wie die "freiheitlich-demokratische Leitkultur" in Zukunft sichern, woher den "Zement" des "Patriotismus" nehmen? Kronenberg weiß es nicht und bestätigt damit nur, daß die Patriotismus-Debatte des vergangenen Winters nicht nur die Desorientierung der politischen Klasse, sondern auch die Ratlosigkeit der sich ihr aufdrängenden akademischen Berater offenbart.

 

Der Konsument - noch ein unbekanntes Wesen

LEINFELDEN. Als "Katrina" die US-Golfküste gerade zu touchieren begann, erschien Bild der Wissenschaft (09/05) mit Jan Lublinskis fundiertem Beitrag über die Hurrikan-Forschung, der empfiehlt, sich für Sommer und Herbst 2005 auf Stürme der höchsten Kategorie vorzubereiten. Aktueller kann ein Wissenschaftsmagazin kaum sein, und doch hat die Redaktion Reportagen aus den Labors der Hirnforschung für titelwürdig befunden. Hier geht es um die Frage "Wie Erinnerungen haften bleiben", was unter spezifisch werbestrategischen Aspekten von größter ökonomischer Relevanz zu sein scheint. Sind die vereinten Anstrengungen von Neurowissenschaft und Verhaltenspsychologie nämlich in der Lage, die Mechanismen dingfest zu machen, die unser Verhalten lenken, dann sei die gezielte Einflußnahme auf den Entscheidungsprozeß des Konsumenten möglich. Gesichert ist bisher allerdings nur die Erkenntnis, daß der ökonomisch rational handelnde Konsument ein Phantom ist. Die Hoffnung von Marketingexperten, Neurophysiologen könnten ihnen verraten, wie man Menschen zu Kunden macht, erfülle sich noch nicht.

 

Erste Sätze

Schon ehe Fritz Hartung zur Welt kam, hatte er Pech.

Heinrich Ilgenstein: Die beiden Hartungs, Berlin 1909


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