© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/05 16. September 2005

Heiratsmarktwirtschaft
von Kurt Zach

Zum Kindermachen gehören in der Regel zwei. Familienpolitiker ignorieren das gern beim Formulieren ihrer frauenfixierten Patentrezepte: mehr Betreuungsangebote, bessere "Vereinbarkeit von Familie und Beruf", noch mehr Geldleistungen - warum aber wollen deutsche Frauen trotz rekordverdächtiger Ausgaben für Familienpolitik keine Kinder bekommen? Warum bleiben mehr als vierzig Prozent der Akademikerinnen kinderlos?

Schuld daran ist wieder mal der Markt - in diesem Fall der Heiratsmarkt, folgt man der Magdeburger Professorin Christiane Dienel. Es fehlt nicht so sehr an Ganztagskindergärten und Sozialtransfers, sondern am "Richtigen". Denkt die Frau mit Uni-Abschluß nach langer Ausbildung und beruflicher Etablierung an Nachwuchs, marschiert sie auf die Vierzig zu - die Ansprüche an den Partner sind hoch, das Zeitfenster eng, und inmitten des allgemeinen Jugendwahns noch mitzuhalten, ist auch nicht leichter geworden. Besonders wenn es auf der Männerseite an möglichen zeugungswilligen Vätern fehlt: Weil man sich nicht binden will, weil man den persönlichen und finanziellen Ruin durch ein väterfeindliches Scheidungsrecht fürchtet, weil man ja noch Zeit zu haben glaubt. Die Aufgabe liegt also darin, einer Gesellschaft von alternden Selbstverwirklichern beizubringen, egoistische Ansprüche zurückzunehmen, weil Kinder selbstverständlich sind und Verantwortung für andere der eigenen Existenz erst Sinn gibt. Je rarer Kinder in unserem Leben werden, desto schwieriger wird das.


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