© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/05 02. September 2005

Frisch gepresst

Franz-Josef Strauß. Pünktlich zum am 6. September dieses Jahres anstehenden 90. Geburtstag des langjährigen CSU-Vorsitzenden, Kanzlerkandidaten, Ministerpräsidenten und Bundesministers verschiedener Ressorts Franz Josef Strauß hat der Bonner Politikwissenschaftler Stefan Finger eine der umfassendsten Biographien über "eine der faszinierendsten und zugleich umstrittensten Gestalten der deutschen Nachkriegspolitik" vorgelegt. In einer akribischen Archivschau, ergänzt durch zwei Dutzend Interviews mit politischen Weggefährten und Gegnern, entwirft Finger, dessen Vater in den frühen sechziger Jahren Cheffahrer bei FJS war und durch den er auch einen persönlichen Bezug zum bayerischen Urgestein entwickeln konnte, ein ebenso unterhaltsames wie faktenreiches Porträt. So wird sein umstrittenes Wirken als Verteidigungsminister in der "Spiegel-Affäre", bei der Strauß laut Finger zwar an verantwortlicher, aber weniger handelnder Stelle präsent war, oder als "Kalter Krieger" fast amüsant geschildert. Als "Hobby-Außenminister" der achtziger Jahre gerät Strauß, dessen barockes Auftreten in scharfem Gegensatz zur intellektuellen Schärfe stand, in Kontakt zur DDR-Führung, deren politisches Ende der überzeugte Anhänger einer deutschen Einheit allerdings durch seinen vorzeitigen Tod nicht mehr erleben konnte - die Ironie der Geschichte wollte es, daß am zweiten Todestag, dem 3. Oktober 1990, die Vereinigung vollendet wurde (Franz Josef Strauß. Ein politisches Leben. Olzog Verlag, München 2005, 555 Seiten, gebunden, Abbildungen, 34 Euro).

 

Franz Joseph I. Allein schon seine 68 Jahre andauernde Regentschaft hatte dem vorletzten österreichischen Kaiser und späteren König von Ungarn eine besondere Aura verschafft. Nebenher galt der besessene Frühaufsteher und "fleißigste Beamte" noch zu Lebzeiten als eine Reminiszenz an die gute alte Zeit, als welche der k.u.k-Herrscher so vorzüglich in den Romanen von Joseph Roth beschrieben wird. Die gegenwärtige Hofautorin der Habsburger, Gabriele Praschl-Bichler, hatte bereits 1995 eine weniger historisch wertvolle als unterhaltsame Biographie des Sissy-Gatten geschrieben, die nun nach zehn Jahren zu seinem 175. Geburtstag eine weitere Auflage erfahren hat. Äußerst kurzweilig beschreibt Praschl-Bichler viele Nebensächlichkeiten und Marotten des Monarchen, so seine Weigerung, maschinengeschrie-bene Dokumente entgegenzunehmen, sondern nur in unkorrigierter Schönschrift. Doch gerade dieses "ganz private" Bild dokumentiert, daß eben mit seinem langen Leben 1916 fast gleichzeitig auch das "lange neunzehnte Jahrhundert" endete (Kaiser Franz Joseph ganz privat. "Sie haben's gut, Sie können ins Kaffeehaus gehen!" Amalthea Verlag, München 2005, 272 Seiten, gebunden, Abbildungen, 16,90 Euro).


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