© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/05 02. September 2005

Ruhe nach dem Sturm
Sachsen: Der Bundestagsabgeordnete Nitzsche hält an seinem Wahlkampfspruch fest
Marcus Schmidt

Im Wahlkampf ist alles anders. Dieser Eindruck läßt sich gewinnen, wenn man einen Blick nach Sachsen wirft: Noch vor wenigen Tagen bewegte der "Fall" Nitzsche über die Grenzen des Freistaates hinweg die Gemüter engagierter Zeitgenossen - vor allem die der politischen Gegner des CDU-Bundestagsabgeordneten. Henry Nitzsche wurde der Werbespruch "Arbeit, Familie, Vaterland" zum Vorwurf gemacht, mit dem bereits die NPD und im Zweiten Weltkrieg die französische Vichy-Regierung geworben hatte (JF 35/05): Vorwürfe, die einem Politiker leicht das Ende seiner Karriere bescheren können.

Nicht jedoch in diesem Fall. Mittlerweile ist der Sturm, so scheint es, an dem konservativen Abgeordneten vorbeigezogen. Das Verwunderliche daran: Nitzsche hat weder öffentlich Abbitte leisten müssen, noch hat er seine Kandidatur für den Bundestag zurückgezogen. Und: Nach wie vor wirbt er mit den Begriffen "Arbeit, Familie und Vaterland" um die Stimmen der Wähler in seinem Wahlkreis. "Ich habe mich nach reiflicher Überlegung gegen die Zurückziehung meiner Plakate entscheiden, weil ich befürchte, daß dieses signalisieren würde, daß Demokraten diese Begriffe nicht verwenden dürfen", ließ er über seine Internetseite verbreiten. "Wir dürfen die Themen Arbeit, Familie und Vaterland nicht den Extremisten überlassen."

Nitzsche hat zudem deutlich gemacht, daß er von der Verwendung des Wahlspruches auf einem NPD-Parteitag oder durch die Regierung des französischen Generals Pétain nichts gewußt habe. "Ich bin von den verschiedenen Anfragen überrascht worden, denn ich hatte keine Kenntnis von einer vormaligen Verwendung dieses Slogans." Er stellte zugleich klar, welche Inhalte er mit den Begriffen "Arbeit, Familie und Vaterland" verbindet. Auffällig ist dabei, daß der Bundestagsabgeordnete sich mehrmals ausdrücklich auf das Wahlprogramm seiner Partei bezieht, um die Wahl der Begriffe zu rechtfertigen. So zählt Nitzsche auf, daß seine Partei das Wort Arbeit "mehr als 30mal direkt, im Zusammenhang fast 150mal" im Regierungsprogramm verwendet habe und fügt hinzu: "Ohne Arbeitsplätze ist unsere Region zum Sterben verurteilt." Auch beim Thema Familie, das für Nitzsche "ein zentrales Grundanliegen unserer Gesellschaft ist", verweist er auf die Union, die in ihrem Programm der Förderung von Familien einen hohen Stellenwert einräume.

Beim Begriff Vaterland geht der Abgeordnete sogar auf das Statut seiner Partei zurück, in dem die CDU bekennt, daß sie "das öffentliche Leben im Dienst des deutschen Volkes und des deutschen Vaterlandes aus christlicher Verantwortung und nach dem christlichen Sittengesetz auf der Grundlage der persönlichen Freiheit gestalten" will.


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