© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/05 19. August 2005

Leserbriefe

Zu: "Eine Kandidatin außer Form" von Paul Rosen, JF 33/05

Was ist beschämender?

Es fragt sich, was für einen deutschen Politiker beschämender ist: wenn die Kanzlerkandidatin Brutto mit Netto verwechselt, oder wenn unser Kanzler in Königsberg sagt, Kaliningrad sei jahrhundertelang mit Deutschland verbunden gewesen. 

Rudolf Fuchs, Philippsreut

 

Mediale Einseitigkeit

Überall ist jetzt von der "Drückebergerin" Angela Merkel die Rede, die "keinen Mut" hätte, sich dem gewieften Schröder zweimal beim Fernsehduell zu stellen. Aber wenn mittlerweile von Kommunikationswissenschaftlern erwiesen ist, daß beim TV-Duell weder die besseren politischen Argumente noch die jeweiligen Kompetenzen über den Sieger entscheiden, sondern einzig und allein die Nachberichterstattung der Medien, dann war Merkels Haltung folgerichtig.

Wer erinnert sich nicht an die Fernsehduelle zwischen Stoiber und Schröder 2002 sowie die zwischen Steinbrück und Rüttgers? In beiden Fällen hatten die Medien vorzeitig den SPD-Kandidaten aufs Sieger-Podest gehoben, obwohl dies nicht der objektiven Zuschauerwahrnehmung entsprach. Die CDU-Vorsitzende war also gut beraten, aus dieser Erfahrung der medialen Einseitigkeit zu lernen und auf nur einem Rededuell zu bestehen.

Stefan Herre, Bergisch Gladbach

 

 

Zu: "Pro&Contra: Abbau der Windkraft-Subventionen?" JF 31-32/05

Reiner Zynismus

Die Ausführungen des Herrn Hochstätter, der für die Beibehaltung der Windkraftsubventionen spricht, bedürfen gleich in mehrfacher Hinsicht der Richtigstellung:

1. Der Subventionseffekt der Zwangseinspeisungs-Vergütungen beträgt heute rund 3 Milliarden Euro im Jahr und steigt auf 5 Milliarden Euro. Es ist doch wohl das mindeste, daß damit wenigstens 60.000 Arbeitsplätze geschaffen werden, also 50.000 Euro pro Arbeitsplatz! Das kann jeder andere Wirtschaftszweig auch leisten, der mit solchen Subventionen gesegnet wird. Es handelt sich aber um sehr problematische Arbeitsplätze; sollen sie etwa dadurch "gesichert" werden, daß ad infinitum weitere Windkraftanlagen aufgestellt werden?

Wie viele unproblematische Arbeitsplätze gehen demgegenüber in anderen Bereichen dadurch verloren, daß das verfügbare Einkommen der Verbraucher durch die teure Windenergie verkürzt und die Industrie mit erhöhten Kosten belastet wird? In Hamburg wird gerade ein Aluminiumwerk mit mehreren hundert Arbeitsplätzen wegen zu hoher Energiekosten geschlossen.

2. Der Hinweis auf die Kohlesubvention geht ebenfalls fehl. Es handelt sich nicht um eine Subvention von Kohlestrom, sondern um historisch und sozial bedingte und befristete Anpassungsförderungen der teuren deutschen Kohle an die wesentlich billigere Importkohle. Das kann doch kein Grund sein, für die Windenergie nun einen neuen Sozialfall zu schaffen. Die Windenergie muß sich an den Kosten für Kohlestrom messen, der aus billiger Importkohle (aus Südafrika, Australien, Brasilien etc.) hergestellt wird!

3. Vor allem aber verliert Hochstätter kein einziges Wort zu der von Dr. Zielinski zu Recht beklagten gigantischen flächendeckenden Landschaftszerstörung durch die Windenergie-Anlagen. Man gewinnt einen ungefähren Eindruck von den monetären Größenordnungen, wenn man sich vergegenwärtigt, in welchem Umfang andere Branchen mit kostspieligen Umweltauflagen aller Art belastet werden. Hätte man die Windenergie hier von Anfang an gleich behandelt (und Gleichbehandlung fordert Hochstätter ja ein), wäre sie aus dem Versuchsstadium gar nicht hinausgekommen.

4. Bei alledem ist es reiner Zynismus, wenn Hochstätter schreibt: "Die anderen Energieträger belasten nur die Umwelt und die Staatskassen und schaffen keine Jobs", und damit die Windenergie davon offenbar ausnehmen will. Ein Zynismus, der offenbar von denjenigen politischen Kräften geteilt wird, die sich einmal den Umweltschutz auf die Fahne geschrieben haben und denen daraufhin vom Wähler ein politisches Mandat erteilt wurde.

Helmut Keller, Berlin

 

 

Zu: "Hohmann tritt an" von Marcus Schmidt, JF 31-32/05

Von Rückzieher enttäuscht

Fritz Schenk irrt, wenn er meint, Martin Hohmann habe sich durch seine Kandidatur als unabhängiger Kandidat eine Rückkehr in die CDU und ein für ihn positives Urteil des Berliner Landgerichtes verbaut. Ich bin zwar nicht Unterstützer seiner "Kritischen Solidarität mit Martin Hohmann".

Aber ich bin aus der SPD ausgeschlossen worden, weil ich meinem SPD-Abgeordneten einen unveröffentlichten Leserbrief zugeschickt habe, in dem ich anhand von Zitaten aus der Rede Hohmanns nachgewiesen habe, daß Hohmann nicht behauptet hat, daß die Juden ein Tätervolk seien. Daß Martin Hohmann als unabhängiger Kandidat zur wahrscheinlichen Bundestagswahl antritt, ist für die Entscheidung über seinen Parteiausschluß überhaupt nicht von Bedeutung, da das erst viel später erfolgte und nicht Grund für den Parteiausschluß war. Daß er nun als unabhängiger Kandidat gegen einen CDU-Kandidaten antritt, ist ebenfalls nicht sein Verschulden, sondern nur die Folge der falschen Ausschlußentscheidung durch die CDU.

Daß Fritz Schenk das nicht erkennt und einen Rückzieher macht, hat mich doch sehr enttäuscht.

Jürgen Schulz, Buchholz

 

Frei von Parteidisziplin

Aller Anfang ist schwer; das weiß auch Martin Hohmann. Ich kann ihm nur "Glück auf" wünschen. Hohmann hat den Mut zum Alleingang. Das Echo auf seinen Ruf in der Wüste wird zeigen, daß seine Stimme beim Wahlvolk ankommt. Wünschenswert sind mehr Politiker seines Formats, die frei von "Parteidisziplin" das sagen, was sonst nur am Stammtisch zu hören ist. 

Karl Dimmig, Neuss

 

 

Zu: "In einem kleinen Café mitten in Berlin" von Clemens Taeschner, JF 31-32/05

Ans Kreuz genagelt

Drogenhandel tötet! Diese Erkenntnis scheint sich bei den Medien noch nicht herumgesprochen zu haben, respektive ihnen einen Skandal wert zu sein. Statt dessen wird Frau Humeniuk von einer sensationsgeilen Presse als ausländerfeindliche Unperson ans Kreuz genagelt.

Roland Heinrich, München

 

 

Zu: "Ein Signal für die Wirtschaft" von Folkmar Koenigs, JF 31-32/05

Wirkliche Daten

Wie kann man als intelligenter Mensch davon ausgehen, daß a) Die Mehrwertsteuer nur auf 18 Prozent und nicht auf 20 angehoben wird und b) die "untere" Mehrwertsteuer nicht auf 10 Prozent hochgeht? Glaubt Professor Koenigs ernsthaft, daß dies nicht geschehen wird?

Ich bitte Sie, wir haben es hier mit Politikern im Wahlkampf zu tun. Sollte er das wirklich glauben, dann hat seine Meinung nichts in Ihrer Zeitung zu suchen. Aber vielleicht kann der Professor mir ja mal ausrechnen, wie die Zahlen sind, wenn man die wohl wirklichen Daten zugrunde legt?

Detlef Voß, Dormagen

 

Neue Maßstäbe

Der Artikel besticht durch seinen wirtschaftlichen Sachverstand und die gravierendste Einsicht überhaupt, daß ohne den Rückgang der Arbeitslosigkeit sich die Sozialversicherungen nicht halten werden können.

Der Professor setzt mit diesem Artikel neue Maßstäbe. Dieses Werk sollte man jedem SPD-Politiker, jedem Wirtschaftsstudenten und anderen, die sich zur Zeit strikt gegen einen Mehrwertsteuererhöhung aussprechen, an die Hand geben - mit der dann sich bietenden Erkenntnis: Der hat ja völlig recht. Jeder, der bei diesem Mann an der TU Berlin studieren durfte, kann sich zu Recht als wirtschaftspolitisch kompetenten Menschen bezeichnen. Nur so kann der Wirtschaftsstandort D wieder nach vorne kommen. Phantastisch geschrieben und einfach erklärt! 

Stefan Penkert, Berlin

 

 

Zu: "Ethischer Standort vorzeitlicher Barbaren" von Ralph Raico, JF 31-32/05

Schuld und Verantwortung

Die Verantwortung für den Einsatz der Atombomben in Hiroshima und Nagasaki trug US-Präsident Harry Truman. Darüber hinaus haben sich alle am Manhattan-Projekt und damit an der Entwicklung der nuklearen Massenvernichtungswaffe Beteiligten schuldig gemacht am Tod und der Verstrahlung vieler unschuldiger Zivilisten. Die Schuld lastet deshalb nicht nur auf Politikern und Militärs, sondern auch auf Wissenschaftlern und Technikern.

Deutsche Physiker wollten oder konnten die Atombombe nicht bauen. Deshalb war es für den deutschen Physiker Werner Heisenberg unverständlich, daß ihm einige seiner US-amerikanischen Kollegen nach dem Krieg nicht die Hand reichen wollten.

Reinhard Wolf, Großkrotzenburg

 

 

Zu: "Und zum Schluß die Internationale" von Clemens Taeschner", JF 30/05

Verharmlosende Floskel

Ich war schon sehr verwundert, nun auch in der JF über die SED-PDS die verharmlosende Floskel von der "Nachfolgepartei der SED" zu lesen. Die PDS oder neuerdings Linkspartei ist nicht die Nachfolgepartei der SED, sondern sie ist die SED mit Nachfolgenamen. Nachfolgepartei hieße, die SED hätte sich aufgelöst und ihr widerrechtlich oder zumindest unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten anrüchig erworbenes Vermögen der Staatskasse zum Aufbau der neuen Länder übergeben. Und danach hätten vormalige SED-Mitglieder unter Ausschluß von orthodoxen Kommunisten und Stasi-Spitzeln eine neue Partei gegründet.

Stefan Kayser, Herzogenrath

 

 

Zu: "Pankraz, Kardinal Schönborn und die Neo-Darwinisten", JF 30/05

Zufällige Mutationen

Die evolutionistische Hypothese, daß sich Leben neu durch zufällige Mutationen von Molekülsystemen und deren Selektion, quasi sich selbstorganisierend, entwickelte, mag ungereimt sein. Sie ist aber falsifizierbar, dann sie bleibt klar im Naturwissenschaftlichen, wo es nur um Zustandsänderungen von materiellen Systemen und deren energetischen Wechselwirkungen geht.

Anders dagegen bei der a priori nicht falsifizierbaren vitalistischen (idealistischen, kreationistischen) Hypothese, nach der ein "geistiges Wesen" (also etwas Immaterielles, eine Idee, ein gedankliches Konstrukt) allen materiellen Systemen innewohne und deren optimale Formen teleologisch präge.

Diese Hypothese postuliert eine ontologisch nicht mögliche Vernetzung eines immateriellen Phänomens mit materiellen Phänomenen. Im Grunde ist sie offenbar eine in der scholastischen Metaphysik wurzelnde Ideologie, die gewiß gar nichts zur "geistigen Erneuerung Europas" (Schönborn, Romig) oder "zur Modernisierung des wissenschaftlichen Grund-Diskurses in Alteuropa" (Pankraz) beitragen kann.

Dr. rer. Nat. Alfred W. Kumm, Bonn

 

Ein Haschen nach Wind

Kreation oder Evolution wäre hier die Frage? Nichts weniger als das; denn die eine bedingt - notwendig - die andere, beide sind Effekte von Antrieb und Steuerung durch absoluten, omnipräsenten Allwillen, also Einheit! Die angebliche "Kontroverse" bloß "eitel und Haschen nach Wind!" (Prediger Salomo Kap.1, Vers 14)

Horst Freiherr von Luttitz, Gut Niederaltenburg

 

 

Zur Meldung "Neue Dachorganisation für Bessarabien", JF 30/05

Sitten und Gebräuche

Mit großer Freude habe ich Ihren Artikel gelesen. Als das noch einzige am Leben gebliebene Gründungsmitglied kann ich mich sehr genau an jenen Sonntag (25. Mai 1952) erinnern, an dem wir, gemeinsam mit meinem Vater und noch anderen Herren, diesen Verein ins Leben gerufen haben. Zwischenzeitlich hat sich unser Museum zu einem Kleinod entwickelt, das sich sehen lassen kann und jedem Besucher ein klares Bild über das geistige und kulturelle Leben und über Sitten und Gebräuche der Deutschen im damaligen Bessarabien vermittelt.

Wally Auras, Stuttgart

 

 

Zu: "Böse Menschen haben keine Lieder" von Jens Knorr, JF 30/05

Goldene Zeiten

Ihr Bericht strotzt nur so von Unzulänglichkeiten. Einen Otto Waalkes zu erwähnen, ist wohl deplaziert, und mein geliebter Joseph Beuys konnte vieles, aber nicht singen.

Natürlich machen Sie sich lustig über die 68er Generation, die jetzt auch saturiert ihre Tantiemen einstreicht und von der heutigen Jugend nicht mehr ernst genommen wird. Dennoch waren die Sechziger musikalisch gesehen "goldene Zeiten" ähnlich der zwanziger Jahre. Hanns D. Hüsch hatte viele andere Talente. Aber daß Sie die wichtigsten Liedermacher des Nachkriegsdeutschland, allen voran Hannes Wader, F.J. Degenhardt und Reinhard Mey nur am Rande erwähnen, macht die Unausgegorenheit Ihres Beitrages deutlich.

Selbst wenn Reinhard Mey, was ich an ihm kritisiere, erst sozialkritisch wurde, als er letztlich steinreich war ("... meine Söhne geb' ich nicht her"), hat Hannes Wader sich um seinen frühen kommerziellen Erfolg gebracht, weil ihm der Inhalt, und schlußendlich die Message, seiner Lieder wichtiger waren, als ein Millionenpublikum zu erreichen.

Günter H. Schullenberg, Düsseldorf

 

 

Zu: "Dinosaurier im Garten Eden" von Silke Lührmann, JF 29/05

Großer unbekannter Zufall

Interessant, daß wenn man sich mit dem Kreationismus und dem Schöpfungsglauben auseinandersetzt, von seiten der Evolutionstheoretiker - wie auch in Ihrem Bericht - keine Fakten gebracht werden, sondern reine Polemik, mit denen man die "Andersgläubigen" der Lächerlichkeit preisgeben will. Dabei läßt sich locker der Spieß umdrehen.

Für mich bedarf es jedenfalls eines kleineren Glaubens, an Gottes Schöpfung in sechs Tagen zu glauben als an den großen unbekannten Zufall, durch den dieses hochkomplexe Universum samt seiner intelligenten Anordnung und seinem einzigartigen Lebens entstanden sein soll. Ganz nach dem Motto: "Ich glaube, daß man aus diesem Rind eine gute Gulaschsuppe machen kann (Schöpfung), aber nicht, daß aus einer Gulaschsuppe in Millionen von Jahren ein Rind entsteht (Urknall, Zufall)."

Thomas Lieth, Lottstetten

 

 

Zu: "Phantomschmerz, der nicht vergehen will" von Wiebke Dethlefs, JF 29/05

Neue Impulse geben

Das Festhalten an der Erinnerung und die Vermittlung des Wissens um ein deutsches Königsberg (und andere Gebiete) an meine Generation der Nachgeborenen stellen den Schlüssel für die Zukunft Königsbergs dar. Vertreibung und Besetzung sind und bleiben Unrecht. Gerade wir Deutschen, die wir - wo immer möglich - Sühne und Wiedergutmachung für getanes Unrecht geleistet haben, dürfen das an uns begangene millionenfache Unrecht nicht länger totschweigen.

Das Zentrum für Vertreibung kann gerade auch für die Nachkriegsgeneration und deren Kindern entsprechende Impulse geben und die Erkenntnis vermitteln, daß Vertriebene eben nicht für großmütterliche Folklore stehen, sondern für ureigenste Interessen Deutschlands. Hier sind neue Formen der Darstellung und Kommunikation gefragt.

Jan Gartzke, Per E-Post


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