© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/05 19. August 2005

Kolumne
Arme Politiker
Rolf Stolz

Darüber, was aus einer bestimmten Politik wird, ob sie sich als chancenreich erweist oder ob sie von Anfang an zum Scheitern verdammt ist, entscheidet ihr Entwurf, entscheiden ihre geistigen Grundlagen. All diese prinzipiellen Gegebenheiten - das vorausgesetzte Bild vom Menschen und der Welt, das letzte Ziel hinter allen Einzelabsichten - legen die Richtung und den Weg fest und sind stets bedeutsamer als alle späteren Taktiken, Bündnisüberlegungen und Winkelzüge.

Akzeptiert man diesen Ausgangspunkt, so muß man die Frage stellen, wieviel von jenen selbstberufenen Berufspolitikern, von diesen Hilfs- und Laienpredigern zu halten ist, die von Gott und allem Geist verlassen, allenfalls noch an sich selbst glauben können und wie "unser" Noch-Kanzler und "unsere" mögliche Demnächst-Kanzlerin explizit eine Politik ohne Gott, ohne das Volk und die Nation, ohne den Vorrang der abendländischen Werte und der deutschen Lebensinteressen betreiben wollen.

Für eine in Hinterzimmern und Vorstandszirkeln auserwählte Negativelite, die als angebliche "Führungsschicht" die Gesellschaft wie Mehltau überlagert, ist Gott ein privater Spleen, ist das Volk eine für den Wahlakt benötigte lästige Dekorationsfigur, ist die Nation eine biologisch sich erledigende Restgröße, sind die europäischen Werte nur für Sonntagsreden und Besinnungsaufsätze geeignet und natürlich bedürftig einer Korrektur durch allerlei fremdes Brimborium.

Für die Politiker zählt der Mensch nur als ökonomisches Objekt (als Steuerzahler, Konsument, Arbeitsplatzbesitzer, Almosenempfänger) und als Objekt politisch-medialer Sonderbehandlung (als Stimmvieh, Beifallklatscher, Kerzenhalter). Wirkliche Menschen als eigenwillige Kinder des ewig unberechenbaren und ewig schöpferischen Gottes sind nicht vorgesehen in ihrer Planmißwirtschaft, in ihrer Problempotenzierungspolitik.

Und dennoch gibt es sie auch hier bei uns in Deutschland: Konservative, die atomkritisch sind; Rechte, die entschiedene Demokraten sind; Linke, die weder das Christentum noch Deutschland hassen; Eltern ohne Lohnsteuerkarte; Intellektuelle, die denken und verstanden werden wollen; Unternehmer, die ein Herz für ihre Belegschaft und dieses Land haben; politisch Aktive, die das Lesen und Schreiben nicht verlernt haben und für die Gedichte und Musik ein Grundbedürfnis sind. Sie sind der Reichtum dieses Landes - nicht die armselig-unseligen Politiker.

 

Rolf Stolz ist Mitbegründer der Grünen und lebt als Publizist in Köln.


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