© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/05 12. August 2005

"Mystery Park": Erich von Dänikens Zauberwelten in der Schweiz
Disneyland für Ufologen
Frank Liebermann

Am Morgen bestieg Rama den himmlischen Wagen. Die himmlische Pyramide hatte unwahrscheinliche Kräfte, war zwei Stockwerke hoch und besaß Fenster. Und dann erklomm Rama mit den Göttern den Himmel und wurde von Sri Lanka nach Indien getragen. Mit nur einem Blitz zerstörten die Götter Städte, nach der Explosion entstand ein Pilz aus Wolken, Menschen starben noch Monate danach, und die später geborenen hatten entsetzliche Mißbildungen.

Das alles geschah vor einigen tausend Jahren. Gab es damals schon Flugzeuge? War der Blitz eine Atombombe? Diese und viele andere Fragen thematisiert Erich von Däniken in seinem Mystery Park (www.mysterypark.ch). Der Freizeitpark liegt idyllisch in der Nähe des Thunersees, die Berge Eiger, Mönch und Jungfrau im Hintergrund.

Mitten im Berner Oberland, in Interlaken, hat der Schweizer gemeinsam mit vielen Investoren seine Idee verwirklicht: Die Geheimnisse der Vorzeit sollen plastisch und leicht verständlich dargestellt werden. Herausgekommen ist ein Disneyland für Ufologen. Beim Eintritt in den Mystery Park bekommen die Besucher den sogenannten "Cosi-Guide" überreicht, einen kleinen Kasten mit Kopfhörer. Sobald sich der Träger des Geräts einem Ausstellungsstück nähert, erhält er über den Kopfhörer Informationen dazu übermittelt. Leider steht nirgendwo erklärt, was "Cosi" bedeutet. Vielleicht irgend etwas wie komisch oder kosmisch auf schweizerdeutsch oder außerirdisch?

Däniken hat eine Vielzahl von Kritikern. Verzerrung von Tatsachen, Fehlinterpretation wissenschaftlicher Erkenntnisse und Unseriosität sind nur einige der Vorwürfe, die er sich gefallen lassen muß. Er dagegen hält sich für den Begründer eines eigenen Wissenschaftszweigs, der Prä-Astronautik. Zur Darstellung seiner Theorien hat Däniken einen futuristischen Erlebnispark geschaffen. Themenpavillons sind ringförmig angeordnet und durch Glaskorridore miteinander verbunden. Die Themen sind die Geheimnisse der frühen Hochkulturen, beispielsweise der Ägypter, Inder oder Mayas. Mit Multimediaprojektionen, Fundstücken und eigenen Interpretationen versucht Däniken seine Theorie zu belegen, daß die alten Kulturen direkten Kontakt mit Außerirdischen hatten und von diesen initiiert und inspiriert wurden.

Er liefert keine Erklärungen, sondern stellt nur Fragen

Dabei bleibt er bescheiden. Er liefert keine Erklärungen, sondern stellt nur Fragen. Beispielsweise wirft er die Frage auf, warum Inder vor dreitausend Jahren Skulpturen bauten, die heutigen Space-Shuttles erstaunlich ähnlich sehen. Seine Theorie belegt er mit modernen ethnologischen Erkenntnissen. Urvölker, die erst vor wenigen Jahrzehnten entdeckt wurden, aber schon Flugzeuge über sich hinwegfliegen sahen, bauten solche aus Holz nach. Ähnliches taten unsere Vorfahren mit den Raumschiffen.

Die Themenpavillons sind sehr lustig. Vor dem Maya-Tempel sind in Schaufenstern Plastikfiguren von Mexikanern ausgestellt, mit bunten Hüten und putzigen Ponchos, die aussehen, als ob sie noch vor fünf Minuten ein Panflötenkonzert in der Fußgängerzone gegeben hätten. Das erklärt wenigstens, warum ihre Kultur untergegangen ist. Weiter geht es in den Maya-Tempel hinein. Dort gibt es mysteriöse Informationen: "Um ca. 600 nach Christus geschah auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán etwas bis heute Unerklärliches: Das Volk der Maya verließ sein Stammesgebiet, das sie in Jahrhunderten mit gewaltigen und wunderbaren Kultbauten, Pyramiden, Strassen und anderen Bauwerken übersät hatten", erklärt von Däniken.

Sind sie in unsere Fußgängerzonen geflohen? Nein, sie folgten den Regeln ihres Kalenders. Und der endet am 23. Dezember 2012, dann bricht das neue Zeitalter an. "Und was passiert dann? Bricht ein neues Zeitalter an? Kehren die Götter zurück? Oder passiert einfach gar nichts?" fragt Däniken in einem Film geheimnisvoll. Spätestens mit der letzten Frage hat er sich auf die sichere Seite gebracht. Und so geschieht das fast in allen Pavillons, bei den Pyramiden, Stonehenge oder den Zeichnungen von Nacza. Däniken stellt Fragen, beantwortet sie aber nicht.

Beim Verlassen des Parks ist man dann doch voller Hoffnung. Wenn die Außerirdischen also wirklich gekommen sind, um den Ägyptern beim Bau der Pyramiden zu helfen, mit Atombomben böse Menschen ausgelöscht haben und den Indios gezeigt haben, wie man riesige Linien quer durch Mexiko malt, könnten sie dann nicht noch wiederkommen und Deutschland besuchen? Vielleicht zeigen sie ja unseren Politikern, wie man Hartz IV richtig macht, Feinstaub beseitigt oder die Krankenversicherung reformiert? Das wäre lieb! 


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