© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/05 12. August 2005

Zwei-Klassen-Gesellschaft
von Kurt Zach

Mindestens 25.900 Unterstützungsunterschriften für 16 Landeslisten. Plus 59.800, falls in allen Wahlkreisen auch Direktkandidaten aufgestellt werden. Eine kleine Partei, die weder im Bundestag noch in einem Landesparlament vertreten ist und dennoch deutschlandweit antreten will, muß diesen Kraftakt hinkriegen. Vor einer regulären Bundestagswahl hat sie dafür 13 Monate Zeit, vor der nach Wunsch des Kanzlers vorgezogenen bleiben gerade mal acht Wochen. Wer sich nicht - wie die WASG von der wesentlich größeren PDS - einsacken lassen will, hat keine Chance, das zu schaffen. Die meisten der "Kleinen" verzichten notgedrungen auf einzelne Landeslisten.

Einige sind - ebenso wie zwei Bundestagsabgeordnete - vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Eine gemeinsame Verhandlung der Parteien- und Abgeordnetenklagen, wie von Familienpartei und ÖDP beantragt, lehnte Karlsruhe indes mit Hinweis auf die "verfassungsrechtlichen Interessen" der beiden MdBs ab. Doch auch für die kleinen Parteien geht es um Grundrechte: Die Weigerung, mit den Fristen auch das Unterschriftenquorum zu reduzieren, behindere sie bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung, argumentieren die Republikaner in ihrer Klage. Daran ändert auch das Scheinargument nichts, die verkürzten Fristen träfen alle sammelpflichtigen Parteien gleich hart: Eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, in der die Etablierten mit unüberwindlichen Hürden vor Konkurrenz geschützt sind, zerstört das Prinzip der demokratischen Chancengleichheit.


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