© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/05 12. August 2005

Im Zweifel deutsch
von Jörg Fischer

Jeder kann etwas für mehr Beschäftigung in Deutschland tun: Er muß sich überlegen, wo die Produkte hergestellt sind, die er kauft", erklärte Renate Künast via Bild am Sonntag und löste damit einen Sturm der Entrüstung aus. Das sei "Protektionismus", schimpfte Ludolf von Wartenberg vom Industrieverband BDI, die Verbraucherschutzministerin wolle den "Verbrauchern vorschreiben, auf welche Produkte sie künftig zu verzichten haben". Die Ministerin untergrabe mit "populistischer Effekthascherei" deutsche Exporterfolge in Übersee. CDU- und FDP-Politiker stießen in das gleiche Horn.

Doch die Grüne hat im Prinzip recht. Denn bewußte Kaufentscheidungen bestimmen mit darüber, wo und wie etwas produziert wurde, welche Umweltfolgen dies hatte, wer es hergestellt hat und wie es in den Laden gekommen ist. Warum soll neben Preis, Qualität oder Langlebigkeit nicht auch die Herkunft eines Produkts die Kaufentscheidung beeinflussen? In den oft als Vorbild gepriesenen USA ist buy American längst ein Verkaufsargument. Natürlich ist nicht alles und gibt es nicht alles hundertprozentig made in Germany - und nicht jeder kann es sich leisten. Aber wenn zwei Produkte fast gleichwertig sind - warum soll man dann im Zweifel nicht das aus Deutschland oder bei Lebensmitteln das aus der Heimatregion kaufen? Wenn zudem mehr Verbraucher wüßten, unter welch unwürdigen Bedingungen manches Schnäppchen entstanden ist, wäre made in Germany oder zumindest made in EU öfters im Einkaufskorb. Und: Künasts Aufruf wird keinen Millionär in Kalifornien vom Kauf eines Porsche abschrecken.


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