© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/05 29. Juli / 05. August 2005

"Der Name ist Programm"
Interview: Martin Hohmann über seinen Wahlkampf und wie er es ohne Hilfe eines Parteiapparates in den Bundestag schaffen will
Marcus Schmidt

Herr Hohmann, was hat Sie dazu bewogen, als unabhängiger Bewerber für den Bundestag zu kandidieren?

Hohmann: Es war kein Gefühl der persönlichen Rache oder der persönliche Verletztheit, das mich zu meiner Kandidatur bewogen hat. Solche Motive sind schlechte Ratgeber. Ich bin in den vergangenen Monaten hier im Wahlkreis von vielen Wählerinnen und Wählern, darunter auch SPD-Mitglieder, aufgefordert worden, wieder anzutreten. Viele haben mir gesagt: "Wenn Sie nicht auf dem Wahlzettel stehen, gehen wir gar nicht erst zur Wahl". Auf dem Bahnhof in Fulda bin ich neulich beispielsweise von drei fremden Leute angesprochen worden, die mich erkannt hatten und die zu mir gesagt haben: "Bitte tun Sie uns den Gefallen und stellen Sie sich zur Wahl, wir wählen Sie." Das alles hat mir gezeigt, daß einfach ein Potential an Wählern da ist. Dadurch fühle ich mich von der Basis beauftragt. Der Zuspruch hat meine Entscheidung nicht nur erleichtert, sondern mitbegründet.

Fürchten Sie nicht, daß Ihr Entschluß die noch ausstehenden Entscheidung im Rechtsstreit mit der CDU um Ihre Parteimitgliedschaft negativ beeinflußt? Fritz Schenk wirft Ihnen vor, Sie würden sich selbst "außerhalb" beziehungsweise "gegen" die CDU stellen?

Hohmann: Eines muß man in diesem Zusammenhang ganz klar sagen: Die CDU hat mich in zwei Parteigerichtsverfahren ausgeschlossen und mir den Stuhl vor die Tür gesetzt - und nicht umgekehrt. Ich bin bis heute loyal zur CDU als Partei. Ich sehe in der CDU trotz unübersehbarer Schwächen immer noch die bessere Alternative. Von mir ging der Bruch nicht aus. Auf der anderen Seite muß man als Realist sehen - und das ist mir auch von hochrangigen CDU-Leuten gesagt worden - daß ich in der CDU nie mehr eine Chance auf ein politisches Amt hätte. Ich wäre in der Partei so eine Art sperriges Möbelstück. Wenn man wie ich Politiker und Kämpfer ist, dann ist das kein erstrebenswerter Zustand.

Wenn Sie sich mit dem Bewerber der CDU um die Stimmen in Ihrem Wahlkreis streiten, könnte das zur Folge haben, daß erstmals die SPD und damit kein konservativer Kandidat das Direktmandat erringt.

Hohmann: Das ist nicht absolut ausgeschlossen, aber auch nicht sehr wahrscheinlich. Ich sehe eine wirkliche Chance, daß ich die meisten Erststimmen bekomme. Ich habe bei der Bundestagswahl 2002 54 Prozent der Erststimmen erhalten. Und ich bin davon überzeugt, daß ich bei der kommenden Bundestagswahl mehr Stimmen für die CDU erreicht hätte als 2002. Natürlich sind 54 Prozent für einen freien Bewerber kaum realistisch. Aber es könnte bei drei ernsthaften Bewerbern schon ein Dreißig-Prozent-Anteil ausreichen. Und diese Chance sehe ich. Wäre das nicht so, hätte ich auf die Kandidatur verzichtet. Jetzt aber werfe ich meinen Hut in den Ring und kämpfe für meine Wählerschaft. Ich kämpfe für die konservativ und christlich geprägte Klientel. Andererseits haben mir auch manche traditionelle SPD-Wähler ihre Direktstimme fest zugesagt.

Haben Sie im bevorstehenden Wahlkampf als Einzelkämpfer gegen die mächtigen Parteiapparate überhaupt eine Chance?

Hohmann: Einen großen Apparat brauche ich gar nicht. Ich habe zu meinen zwei Mitarbeitern im Wahlkreisbüro in Neuhof noch einen weiteren Mitarbeiter eingestellt. Außerdem bieten sich immer wieder Leute an, sowohl Jüngere als auch Ältere, die mir im Wahlkampf helfen und mich unterstützen wollen. Das ist für mich eine richtige Ermunterung und Freude.

Wie wird Ihr Wahlkampf aussehen?

Hohmann: Ich will vor allem mit dem "Klinkenputzen", dem direkten Wählerkontakt arbeiten. Außerdem werde ich mit Postwurfsendungen auf meine Kandidatur aufmerksam machen. Meine Erfahrung ist, daß es eine ganze Menge Leute gibt, die etwas von Hohmann wissen. Einige wissen dagegen gar nichts von Hohmann. Die, die überhaupt nichts von mir wissen, die werden mich nicht wählen. Aber bei denen, die mich kennen, habe ich eine ganz gute Chance, daß sie mit ihre Erststimme geben werden. Diesen Wählern muß ich bis zur Wahl klarmachen, daß ich "überlebt" habe, daß ich antrete und wo man das Kreuzchen machen muß. Und ich bin durchaus guten Mutes, daß mir das gelingen wird.

Mit welchem Programm gehen Sie in den Wahlkampf?

Hohmann: In gewisser Weise ist der Name Hohmann Programm. Die Leute in meinem Wahlkreis wissen ja, was ich immer vertreten habe. Meine etwas kantige Haltung und meine klare konservative Grundeinstellung sind bekannt, die brauche ich nicht mehr zu vermitteln - höchstens noch einmal aufzufrischen. Man kennt den Hohmann hier im Wahlkreis.

Wie wollen Sie die Wähler davon überzeugen, daß Sie als einzelner Abgeordneter im Bundestag die Interessen der Bürger Ihres Wahlkreises gut vertreten können?

Hohmann: Nach meinen Erfahrungen sind die Möglichkeiten eines unabhängigen Abgeordneten im Bundestag sogar größer als die eines Parlamentariers, der Mitglied einer Fraktion ist. Er hat das Recht, jederzeit und zu jedem Thema im Parlament zu sprechen, ohne von einer Fraktionsführung daran gehindert zu werden. Er kann sich damit zum Sprachrohr einer schweigenden Mehrheit machen. Wenn man einfach im Bundestag mal über Probleme spricht, die die anderen Parteien mehr oder weniger zum Tabu erklärt haben und außen vor lassen, dann ist das schon eine gute Sache. Dann fühlen sich Wähler gut vertreten.

Redebeiträge im Parlament machen aber nur einen Teil der Arbeit aus.

Hohmann: Natürlich. Der Abgeordnete hat auch die wichtige Funktion, bei Ministerien und Behörden Fürsprecher seines Wahlkreises zu sein. Aber auch hier habe ich die Erfahrung gemacht, daß es für einen unabhängigen Abgeordneten keine Probleme gibt. Die Ministerialbürokratie ist ja keine Parteibürokratie, die nach dem Motto verfährt: Anfragen, die von einem parteipolitisch unabhängigen Abgeordneten kommen, werden aussortiert. So läuft das nicht. Die Dinge, die man bewegen will, werden dann auch von der Ministerialverwaltung weiter bearbeitet. Man ist auch als unabhängiger Kandidat bei den Behörden ein akzeptierter Gesprächspartner.

 

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