© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/05 15. Juli 2005

Leserbriefe

Zu: "Für Finanzlöcher ungeeignet" von Bernd-Thomas Ramb, JF 28/05

Weniger konsumieren

Der geschätzte Autor begeht einen Denkfehler, wenn er meint, daß der durch eine Mehrwertsteuererhöhung gedrosselte Konsum sich segensreich auf das Sparverhalten auswirken könnte. Wer aber wegen erhöhter Mehrwertsteuer weniger konsumiert, hat erst recht kein Geld zum Sparen. Der Charme der Mehrwertsteuererhöhung als Kompensation für die Senkung von Einkommensteuer und Lohnnebenkosten besteht für den Finanzminister darin, daß letztere derzeit nur von Erwerbstätigen, Pensionären und wohlhabenden Rentnern gezahlt werden, Mehrwertsteuer aber bei jedem Kauf anfällt, was die Einzugsbasis verbreitert.

Eberhard Koenig, Baiern

 

 

Zu: "Der Tag, als der Himmel weinte" von Clemens Taeschner, JF 28/05

Was für eine Schande

Was für eine Schande, was innerhalb von einer Woche in Berlin passierte: Zuerst ließ Hans Eichel die Erinnerungsfotos zum DDR-Volksaufstand am 17. Juni 1953 von der Fassade des Bundesfinanzministeriums an der Berliner Wilhelmstraße entfernen und nun wurden also auch die Mauerkreuze am Checkpoint Charlie und damit die letzten sichtbaren Erinnerungen an die vielen Mauertoten, die bei ihren Fluchtversuchen von ihren eigenen Landsleuten ermordet wurden, weggeräumt. Stattdessen hat der SPD/PDS-Senat einstimmig beschlossen, zwei Denkmäler für das "Wirken" Rosa Luxemburgs zu errichten. Gibt es eine noch größere Beleidigung und Demütigung der deutschen Opfer des menschenverachtenden DDR-Unrechtsregimes?

Stefan Herre, Bergisch Gladbach

 

 

Zu: "Er vertonte das Schweigen im Walde" von Günter Zehm, JF 28/05

Stürzende Winterströme

Ausnahmsweise bin ich mit Günter Zehm einmal nicht einer Meinung. Zu Unrecht vermißt er bei Goethe den Blick für die Schönheit der Alpenwelt, Schiller, der weder die Schweiz noch die Alpen aus eigenem Erleben kannte, würdigte nach Abschluß seines Wilhelm Tell, er hätte "ohne Goethes eigene Naturanschauung" das Werk nicht schreiben können. Und ganz im Sinne Ganghofers sieht Goethe in den Alpen "den Ort des langsam bewegenden ewigen Gesetzes" (Briefe aus der Schweiz).

In der "Harzreise" im Winter stellt Goethe "grandios ahnende Völker" in eine Landschaft "gefürchteter Gipfel, grundloser Wege, schneebehangener Scheitel und stürzender Winterströme". Wer sich die Zeit nehmen will, sollte es nachlesen.

Manfred Brunner, München

 

 

Zu: "Sieg für die Pressefreiheit" von Dieter Stein, JF 27/05

Produkt krankhafter Phantasie

Die JUNGE FREIHEIT ist offenbar am rechten Rand unserer Gesellschaft angesiedelt. Das heißt aber nicht, daß sie rechtsradikal ist oder daß sie sich außerhalb des demokratischen Spektrums befindet. In einer pluralistischen Gesellschaft gibt es eben nicht nur eine demokratische Mitte, sondern auch eine demokratische Linke und ebenso eine demokratische Rechte.

Was die Meinungsfreiheit betrifft, halte ich es mit dem französischen Philosophen, der bei Gelegenheit gesagt hat: Ich bin zwar ganz und gar anderer Meinung, würde mich aber mit meinem Leben dafür einsetzen, daß Sie jederzeit frei Ihre Meinung äußern dürfen.

Die sogenannte "political correctness" halte ich deshalb für ein Produkt krankhafter Phantasie. Es ist daher an der Zeit, daß wir unsere politische Kultur auf ein höheres Niveau emporheben. Damit wäre dem Frieden in diesem unserem Land zweifellos ein großer Dienst erwiesen.

Hans Steinbrecher, München

 

 

Zu: "Vom Mißbrauch der Opfer für heutige Zwecke" von Ekkehard Schultz, JF 27/05

Alle verdienen unsere Trauer

Wir müssen ganz hart definieren: Alle Opfer sind gleichwertig und gleichermaßen zu bedauern. Sie alle verdienen unsere Trauer und unsere Gedanken. Das ist der Standpunkt von Menschen und Christen. Wer andere Meinungen vertritt, steht für mich jenseits des Menschseins.

Es gibt keine Opfer, die ihr Leid oder ihren Tod selbst verschuldet haben. Wer den Tod von Opfern zu begründen sucht, macht sich zum Mittäter.

Morten Bielitzer, Berlin

 

 

Nicht in Kategorien einteilen

Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen der Liquidierung unliebsamer deutscher Staatsbürger während der Jahre 1933-1945 im deutschen Reichsgebiet, der Liquidierung unliebsamer deutscher Staatsbürger während der Jahre 1945 bis 1989 in dem DDR genannten Teil Deutschlands, der Liquidierung unliebsamer russischer Staatsbürger während der Jahre 1947-1989 in der damaligen Sowjetunion, der Liquidierung deutscher Staatsbürger während der Jahre 1945 folgende in der damaligen sozialistischen Tschechoslowakei?

Ich habe am eigenen Leib als Dreizehnjähriger in Prag zu spüren bekommen, was Haß und Folter selbst an Kindern bewirken. Weil mein Name mit dem Namen eines KZ-Aufsehers gleich war, hätten mich tschechische junge Männer, die uns bewachten, fast totgeschlagen, wenn ich nicht ein Foto meines Vater hätte vorzeigen können, auf dem er als Luftwaffenangehöriger zu sehen war.

Ich habe kein Verständnis dafür, die Opfer von Gewalt in Kategorien eingeteilt zu wissen. Diejenigen, die Verbrechen an Menschen ausführen, sind allesamt Verbrecher und setzen sich durch ihre Taten aus der Gemeinschaft aller Menschen, aller Rassen, aller Begabungen, aller Nationen heraus.

Herbert Piefke, Bohmte

 

 

Zu: "Die Bagger kommen" von Thorsten Hinz, JF 27/05

Nur ein Traum

Da jedes dieser Kreuze für einen ermordeten Landsmann und Mitmenschen stand, hätte man vermuten dürfen, daß sich Berlins Regierender Bürgermeister mit Genossen und Senatoren sich den Abräumern entgegengestellt hätten. Natürlich hätte die Berliner CDU die Zufahrt gesperrt, und auch die FDP hätte sich beeilt, um sich in die Front des demokratischen Widerstandes einzureihen. Selbst Grüne, wenn auch ohne rote Wurzeln, hätten ihre Empörung über die Gedenkstättenschändung zum Ausdruck gebracht.

Doch blieb das eben Gesagte letztlich nur ein Traum. Aber der Mensch sollte auch einmal träumen dürfen, gerade in unserer Stadt, denn sonst wäre das Leben hier nicht zu ertragen.

Andi Thonhauser, Berlin

 

 

Zu: "Ohne Staat geht es nicht" von Götz Kubitschek, JF 27/05

Am Ende begeistert

Das Forum verführte in den ersten Sätzen sehr zum Umblättern und der Frage nach der Berechtigung, in der JF abgedruckt zu werden. Aber bald freute man sich über jeden Satz und war am Ende begeistert.

Für alle Staats-Utopien gilt: sie funktionieren, wenn jemals in großer Mehrheit eine gebildete und charakterstarke Bevölkerung zur Verfügung stände. Davon sind wir jedoch weltweit (und täglich etwas weiter) entfernt. Die Reichen und die Schönen - wenn sie nicht besonders dumm sind - brauchen schon heute keinen Staat. Was würde jedoch nach der Realisierung des Hoppe-Planes aus den zwölf Millionen Lesern der "Zeitung", die ihren Kunden das Denken abnimmt? Schon das Niveau der privaten Fernsehsender zeigt, wo wie enden, wenn sich der Staat zurückzieht.

Gerd Trepte, Berlin

 

Einfachheit der Lösungen

Die Kritik an Hoppe ist treffend, konkret und besonders angenehm ist, daß sie ein 35jähriger geschrieben hat! Hochachtung! Hoppes Utopie, wie auch die kommunistische Utopie kommt in einer Zeit der Zuspitzung von Krisen. Verführerisch-gefährlich ist die Einfachheit der Lösungen, das Bauen auf einen tadellosen Menschen, was er nicht ist. Ich kann mich noch gut erinnern, wie der Ehemann meiner Tante, ein Este, mir, damals 12, im Gebiet Stalingrad kurz vor dem Krieg sagte: "Wenn alle so ehrlich wären wie meine Freunde Kommunisten-Letten (diese unterstützten Lenin während der Oktoberrevolution 1917), wäre ich auch ein Kommunist. Doch sie hat man während Stalins Säuberung verhaftet, gefoltert und sowieso erschossen. Wenn mich dasselbe trifft, werde ich mich nicht foltern lassen, werde ihnen alles unterschreiben." Am 6. Juli 1941 wurde er verhaftet, im Dezember erschossen.

Heute kommen kommunistische Utopien wieder in Umlauf. Die Utopie "Anarchokapitalismus" kann im Zusammenspiel mit der Globalisierung eine Rückkehr des Kommunismus provozieren.

Franz Harder, Leopoldshöhe

 

Völlig mißverstanden

Kubitschek hat Hoppe völlig mißverstanden, wenn er ihn als Vertreter einer libertären Utopie versteht und kritisiert. Hoppe ist vor allem Ökonom, der an die freiheitlichen Traditionen der alteuropäischen Wirtschaftswissenschaften, namentlich deren österreichische Schule anknüpft und mit einer herkulischen Leistung den ungeheuren Müllberg destruktiv-perversen sozialistischen Denkens hinwegräumt, ein Denken übrigens, das 1989 nicht überwunden wurde, sondern uns noch viel Not und Elend bescheren wird. Es sei daran erinnert, daß Hoppe mutatis mutandis dort steht, wo Ökonomen wie Hayek und Böhm-Bawerk bereits im Jahre 1910 standen. Sie hatten den Sozialismus und namentlich die zum einen abgeschriebenen, zum anderen total verfehlten Theorien von Marx widerlegt und ein überzeugendes Programm von Freiheit und Wohlstand vorgelegt, ein Programm, das in Österreich, aber auch in den Staaten des kleindeutschen Reiches weitgehend verwirklicht wurde.

Martin Möller, Berlin

 

 

Zu: "Fall Hohmann nur ein Randthema?" von Fritz Schenk, JF 27/05

Als Stimmenfänger gebraucht

Das politische Spektrum Deutschlands ist nicht erst seit dem "Kampf gegen Rechts" nach links verschoben worden, denn dieser Trend begann schon wesentlich früher. Als eine Folge dessen wurden zum Beispiel bereits unter dem Verteidigungsminister Volker Rühe Kasernen umbenannt. Sein amtierender Nachfolger, Peter Struck, ist also damit lediglich in der Spur geblieben.

Was Martin Hohmann betrifft, so wird er in der CDU ein Ausgegrenzter bleiben, selbst wenn er vor Gericht seine Mitgliedschaft erzwingen sollte. Auch von mir geschätzte Abgeordnete wie Alfred Dregger oder Heinrich Lummer haben in ihrer Partei, im Sinne des konservativen Lagers, nichts erreicht. Sie wurden lediglich als Stimmenfänger gebraucht. Martin Hohmann hätte im nächsten Bundestag noch weniger zu melden. Viel besser und ehrenhafter wäre es daher, er würde sich von dieser Partei lösen und dahin orientieren, wo er seiner Gesinnung nach hingehört, nämlich ins nationalkonservative Spektrum, in welchem er als Hoffnungsträger für enttäuschte Bürgerliche eine Führungsposition einnehmen könnte.

Gerhart Zobler, Niederkassel

 

 

Zu: "Wenn der Wind nicht will, wie er soll" von Klaus Peter Krause, JF 27/05

Verschandelte Landschaft

Gerade wir Sylter wissen darüber ein Lied zu singen. Wir haben einen schlagkräftigen Verein "Gegenwind für eine industriefreie Nordsee e.V." gegründet und hoffen, daß die wahnwitzige Idee, den Horizont unserer einzigartigen Insel mit ihrem einmaligen Tourismuscharakter zu versauen, vereitelt wird.

Dann behält Sylt den freien Blick zum Sonnenuntergang. Aber auch sonst sollte man aufhören, unsere schönen Landschaften mit diesen scheußlichen Windrädern zu verschandeln, zumal sie außer Kosten für den Stromkunden beweisbar überhaupt nichts bringen.

Hans-Diether Koch, Wenningstedt

 

Sehen Kraftwerke besser aus?

Es scheint unter Konservativen, oder - wenn Sie so wollen: "Rechten" - Konsens zu sein, daß alle Alternativen dazu ("Ökostrom") nicht zu ihrer (unserer) Weltanschauung passen. Bloß: Warum das so sein soll, konnte mir noch niemand erklären!

Überhaupt wurde bis heute noch nicht einmal belegt, daß die einstigen Befürchtungen, daß die Tierwelt unter diesen Anlagen leiden würde ("Vogelfalle"), zutreffend sind. Jedenfalls sind mir keine derartigen Fälle bekannt. Und nun auf einmal sollen sogar Gefahren für die Gesundheit der Menschen davon ausgehen? Auch die ästhetischen Einwände sind hinlänglich bekannt. Aber sehen Kern- und Kohlekraftwerke oder die Hochspannungsleitungen wirklich besser aus?

Wer mit dem Anblick dieser Anlagen nicht leben kann, sollte ehrlicherweise auch auf die Benutzung von Elektroenergie verzichten. Ganz sicher ist es richtig, daß der Wind nie so wehen wird, wie es der Energieverbraucher gerade braucht. Fakt ist aber auch, daß auch hier die Entwicklung stets weitergeht. Nachfragespitzen könnten durch verbesserte Zwischenspeicher aufgefangen werden. Eine Vernetzung mehrerer Windkraftanlagen (-parks) in unterschiedlichsten Regionen könnte zusätzlich zum Ausgleich beitragen. Nie jedenfalls wurde behauptet, daß es ausschließlich mit Windenergie gehen würde. Die Schlagzeile ist also nichts weiter als Polemik.

Umweltbewußtsein ist nicht "links"! Umweltschutz ist Heimatschutz! Bitte lassen Sie künftig eine differenzierte Sichtweise durchblicken.

Sebastian Paschinsky, Per E-Post

 

 

Zu: "Von der Jugend direkt zur Rente" von Ellen Kositza, JF 25/05

Flucht vor Verantwortung

Der Bericht veranschaulicht die tiefgreifende Änderung der gesellschaftlichen Rollen von Mann und Frau während des letzten halben Jahrhunderts. Ohne Zweifel hat der sehr aggressiv praktizierte Feminismus auf die allgemeine "männliche" Grundhaltung bremsend, ja sogar hemmend gewirkt. Heute darf wohl bald von Unisex die Rede sein. Daß die Frauen immer später an eine gewünschte Schwangerschaft denken, hängt damit zusammen, daß sie mehrheitlich berufstätig sind und eventuell den sogenannten Karrierismus pflegen wollen. So haben wir - auch mit Hilfe der Verhütungsmöglichkeiten - eine stillschweigende soziale Revolution erlebt.

Was vielleicht im Bericht fehlt, ist eine Ergänzung zur tatsächlichen Benehmensänderung mit dem Ziel zur Bequemlichkeit und der Flucht vor Verantwortung: sie betrifft die Rolle der wirtschaftlichen und demographischen Entwicklung. Einerseits ist die Erde zu übervölkert, um eine zunehmende, gravierende Umweltzerstörung zu vermeiden. Andererseits stehen alle wirtschaftlichen Faktoren unter dem Zeichen allgemeiner Unsicherheit. Durch die Folgen der Globalisierung ist sie in jedermanns Alltag bemerkbar geworden.

Aus diesen Gründen gibt eine steigende Anzahl Menschen der jungen Generation, die potentiellen Kindern nicht ein Schicksal aufzwingen wollen, das von einer nahen, düsteren Zukunft bestimmt werden dürfte. Dies darf auch als eine Form der Verantwortung gelten.

Ernest Meyfarth, Lonay

 

 

Zu: "Sellafield kann überall sein" von Alexander Barti, JF 23/05

Wider besseres Wissen

Sellafield kann nicht überall sein, Tschernobyl auch nicht und insbesondere nicht in Deutschland, denn es handelt sich um grundsätzlich unterschiedliche Sicherheitssysteme. Selbst wenn in Deutschland sämtliche Atomkraftwerke abgeschaltet würden, würde dies sicherheitspolitisch kontraproduktiv sein, solange in unseren Nachbarländern Kernkraftwerke betrieben und neue gebaut werden, von denen dann Deutschland die kostengünstige Kernenergie importieren würde. Statt deutscher Betriebsvorschriften und deutscher Sicherheitstechnik hätten wir dann polnische oder französische, die wir nicht kontrollieren können.

Die von den Kernkraftgegnern, wohl schon teilweise wider besseres eigenes Wissen, verbreiteten Argumente laufen darauf hinaus, alle anderen großen Wirtschaftsnationen, die Kernenergie herstellen und damit wettbewerbsfähig sind, einer unverantwortlichen Risikopolitik zu beschuldigen und haben so etwas von "am deutschen Wesen soll die Welt genesen". Sie haben es auch zu verantworten, wenn in Deutschland kaum noch ein junger Mann oder eine junge Frau Kernphysik, eine Zukunftstechnologie, studiert. Was uns im weltweiten Wettbewerb weiter zurückfallen lassen wird.

Ich hätte eigentlich nicht erwartet, in der JUNGEN FREIHEIT die unverantwortliche Demagogie der Grünen wiederzufinden, mit der diese die ahnungslose Wirtschaft um sich versammelt hat.

Helmut Keller, Berlin


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