© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/05 08. Juli 2005

Sieg für die Pressefreiheit: Des einen Freud, des anderen Leid
"Augen rechts! Das reicht nicht!"
Clemens Walter

Nach der Bekanntgabe des Urteils vom Bundesverfassungsgericht in der vergangenen Woche galt bei vielen Autoren wie auch Lesern der JUNGEN FREIHEIT das besondere Interesse den Reaktionen in der Medienlandschaft. Gemessen an den bislang gewohnten Reflexionsmustern zur JF war es diesmal geradezu erstaunlich, daß sich der notorische PC-Blockwart des Berliner Tagesspiegels, der Autor Frank Jansen, nicht zu Wort meldete.

Jansen, der durch seine Berichterstattung die JF-Interviews regelmäßig zu skandalisieren vermocht hatte, gibt uns mit seinem Schweigen ein Rätsel auf: Ist er a) im Urlaub, b) beurlaubt, oder hat es ihm c) schlicht die Sprache verschlagen? Die Sprache verschlagen wie der Hamburger Zeit und vielen anderen Rundfunk- und Fernsehanstalten und Polit-Magazinen?

Notorische PC-Blockwarte blieben erstaunlich ruhig

Bemerkenswert an den Ausführungen eines anderen Journalisten, Christian Rath, dessen Berichte gleich in mehreren Zeitungen (taz, Märkische Allgemeine, Kölner Stadtanzeiger, Badische Zeitung) erschienen sind, ist der Umstand, daß diese alle ungeprüft die Insinuation von der allgemeinen Beobachtung durch den Verfassungsschutz übernehmen. Obgleich die JUNGE FREIHEIT bekanntermaßen einzig vom Verfassungsschutz NRW beobachtet wird und in der gesamten Bundesrepublik lediglich die Behörde des Landes Baden-Württemberg sich dieser "verfassungsfeindlichen Verdachtsbericht-erstattung" (Alexander von Stahl) angeschlossen hat, ist in Raths Artikel die Rede von den "VS-Berichte(n) vieler anderer (sic!) Bundesländer".

Bösartig, aber leider nicht justitiabel ist die Überschrift seiner taz-Veröffentlichung: "Pressefreiheit gilt auch für Rechtsextreme". Nun, für Diffamierungen erst recht, möchte man da entgegnen. Ausgerechnet die zur FAZ-Gruppe gehörende Märkische Allgemeine stößt in das gleich Horn, sie titelt unter dem Motto "Pressefreiheit auch für Extremisten".

Geradezu perfide erscheint ein Kommentar aus dem Kölner Stadt-Anzeiger unter dem Titel "Erfolg einer Strategie". Mit der "Lanze für die Pressefreiheit", die das Bundesverfassungsgericht mit seinem Entscheid gebrochen habe, sei ein neues Problem aufgetaucht. Aber nicht die Strategie des NRW-Verfassungsschutzes, durch den die JUNGE FREIHEIT jahrelang erfolgreich mit dem Stigma des Rechtsextremismus denunziert wurde, ist hier gemeint, sondern jene der JF, deren Ziel "seit jeher" darin bestünde, "die Übergänge von rechtskonservativ und rechtsextrem möglichst unscharf zu halten - und sich als verfolgte Unschuld darzustellen, sobald jemand diese Methode entlarvt". Aus diesem Grund soll das Urteil "für die Pressefreiheit" sogleich mit einen politisch korrektem Verhaltenskodex "für jede Person des öffentlichen Lebens" abgesichert werden, für den eine Äußerung des noch amtierenden Innenministers Otto Schily (SPD) Pate stehen muß: "Ich würde dieser Zeitung kein Interview geben."

Interessanter sind Kommentare in der taz, FAZ, Neuen Zürcher Zeitung und Frankfurter Rundschau, weil sie - mehr oder minder - ein Stück Differenzierung und Normalisierung bedeuten. Unter dem Motto "Augen rechts! Das reicht nicht" resümiert die - gleichwohl in linken Stereotypen behaftete - taz, daß der hehre Grundsatz von der Freiheit der Presse auch für die JF gelte. "Das Label 'rechtsextrem' für das extrem rechte Blatt" habe ausgedient und überdies viel zu lange die inhaltliche Auseinandersetzung ersetzt. Diese wurde aber nie gesucht, und so traf die Entscheidung des Verfassungsgerichts einen Großteil der bundesdeutschen Medien wie ein Blitzschlag. Doch nicht nur die.

Eine böse Schlappe für den Verfassungsschutz

"Eine böse Schlappe für den Verfassungsschutz", titelte die unabhängige Online-Zeitung rbi-aktuell ( www.rbi-aktuell.de ). Deren Autor Bernd Helge Sommer schrieb genüßlich über die "Wut einer durchgeknallten Ultralinken sowie eines Teiles des Establishments, für die eine aggressiv verteidigte politische Correctness die letzte verbliebene Rückzugslinie ihrer einst sehr viel weiter reichenden linken Bestrebungen war." "Damit ist jetzt Schluß", meint Sommer und appellierte an die Linke, endlich "rational über bestimmte Probleme nachzudenken". Ob dieser gute Rat beherzigt wird, darf wohl bezweifelt werden. Im Gegenteil, es scheint alles auf ein "Weiter so" ausgerichtet zu sein - als wäre nichts geschehen. Kein Wunder also, daß die FAZ fragte, warum "die allzeit wache deutsche Intelligenz den Fall nicht entschiedener zu ihrer Sache gemacht hat". Sie hatte kein Interesse, und das NRW-Verhalten kam ihr gerade recht.


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