© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/05 01. Juli 2005

Frisch gepresst

Königsberg.Schlägt man die "Geschichte einer Weltbürgerrepublik", Jürgen Mantheys "Königsberg" (Carl Hanser Verlag, München 2005, 736 Seiten, Abbildungen, gebunden, 29,90 Euro) in der Mitte auf, wo der Bildteil ist, fällt der Blick auf ein "Conversations und Logierhaus in Königsberg" um 1850. Das versetzt dem Kenner einen ersten Stich, denn dieses Haus stand natürlich im Seebad Cranz, immerhin dreißig Kilometer nördlich von Ostpreußens Metropole. Wer sich dann in den Text vertieft, kann über die dort anfallende Fehlerzahl bald den Überblick verlieren. Nicht einmal Rudolf Borchardts Geburtsdatum konnte Manthey richtig abschreiben, so daß er ihn um ein Jahr älter macht. Dem Lektor nicht und keinem der Rezensenten, die Mantheys Werk landauf, landab im Feuilleton bejubeln, ist das aufgefallen. Was zeigt, wie leicht man es heute zum "KönigsbergExperten" bringen kann. Gravierender fällt ins Gewicht, daß die Hauptthese - Königsberg ganz im Sinne bundesdeutscher Erwartungshaltung als mit "kosmopolitischem", "demokratischliberalem" Geist erfüllter Ort - nur dann stimmt, wenn man das Material so streng selektiert, wie der Alt68er Manthey es getan hat. Immerhin bleibt sein Verdienst, auf vergessene Autoren wie Fanny Lewald oder Ernst Wichert aufmerksam gemacht und durch die Reihung langer Inhaltsreferate deren Heimatstadt wieder ins Gespräch gebracht zu haben.

PisaStudie.Für die zigfachen Pisa, Iglu, oder OECDStudien zum Zustand der Bildung wird mehr Energie aufgewandt als für die Bildung selbst. Dieses Fazit zieht der langjährige Präsident des Deutschen Lehrerverbandes Josef Kraus in seinem Werk (Der PisaSchwindel. Unsere Kinder sind besser als ihr Ruf. Wie Eltern und Schule Potentiale fördern können. Signum Verlag, München 2005, 247 Seiten, gebunden, 16,90 Euro). Neben der Analyse der oft effekthascherisch interpretierten PisaStudien, deren Ergebnisse er teils als irreführend interpretiert, da sie nicht immer an deutschen Verhältnissen meßbar sind, entwirft Kraus eine kritische Bestandsaufnahme des "Bildungsnotstands", den er auch durch Korrekturen früherer Reformen hin zu traditionellen Lehrstrukturen als lösbar deutet. Darüberhinaus fordert der frühere Gymnasiallehrer eine zentrale Abschlußprüfung in ganz Deutschland, um einen einheitlichen Bildungsstandard gewährleisten zu können.


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