© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/05 01. Juli 2005

DIE WOCHE
Fall Hohmann nur ein Randthema?
Fritz Schenk

Die sieben Jahre rot-grüner Koalition haben Nachkriegs-Deutschland nicht nur wirtschafts, finanz- und sozialpolitisch in seine bisher schwerste Krise geführt, sondern auch rechtspolitisch schwerwiegende Verwerfungen ausgelöst. Der hysterisch geführte "Kampf gegen Rechts" hat die demokratische Mitte ausgehebelt und das politische Spektrum Deutschlands generell nach links verschoben. Die Union eingeschlossen: Ihre Beteiligung am "Aufstand der Anständigen" hat sie eingebunden in die "Wächterpolizei" der Political Correctness, was zum Ausschluß von Martin Hohmann aus der CDU geführt und damit zugleich ihr christlich-konservatives Potential (Mitglieder wie Wähler) ausgegrenzt hat. Viele von ihnen wählen die Union nicht mehr, bleiben Wahlen fern oder wählen frustriert "Protest".

Den Rechtsstaat verteidigen heißt daher auch, seine Rechte individuell beherzt wahrzunehmen oder zu erkämpfen. Diese Zeitung tut das und hat soeben einen wichtigen (Etappen)-Sieg errungen. Martin Hohmann hat gegen seinen rechtswidrigen Parteiausschluß gleiches vor. Gerhard Schröders Bubenstreich mit der verfassungsrechtlich fragwürdigen Vorverlegung der Bundestagswahl hat für Hohmann jedoch eine neue Situation geschaffen. Am Montag nominierte sein Kreisverband den hessischen CDU-Pressesprecher Michael Brand als Kandidaten für den Wahlkreis Fulda, den Hohmann bei den Bundestagswahlen im Jahr 2002 mit dem viertbesten Bundesergebnis direkt gewonnen hatte. Was nun?

Eine starke Gruppe von CDU-Mitgliedern und Wählern drängt Hohmann, als unabhängiger Kandidat zur Wahl anzutreten. Die erforderlichen Unterschriften von Unterstützern dafür sind ihm jetzt schon sicher. Das aber hätte nach Ansicht kompetenter Rechtsexperten mit großer Wahrscheinlichkeit zur Folge, daß sein Verfahren beendet würde. Die Gerichte würden seinen unabhängigen Antritt als Handlung außerhalb, ja gegen seine Partei werten. Damit würde sein Parteiausschluß quasi rechtens. Dies wäre bedauerlich, weil ein erster Verhandlungstermin vor dem Berliner Landgericht für den 16. September anberaumt ist, also zwei Tage vor der von Schröder provozierten Bundestagswahl. Noch wissen wir nicht, ob sie überhaupt - und wenn ja - zu diesem Termin kommt. Verweigerte sich Bundespräsident Horst Köhler Schröders Trick oder hätten die jetzt schon angekündigten Einsprüche einiger Bundestagsabgeordneter vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg und liefe die Legislaturperiode normal bis Herbst 2006, bliebe Hohmann begründete Hoffnung auf Erfolg seiner Klage. Dies würde einen wichtigen Pflock gegen die Anmaßungen der Political Correctness einrammen und Bedeutung weit über das Wirken eines möglichen (aber nicht unbedingt sicheren) unabhängigen Fuldaer Abgeordneten Martin Hohmann haben.

Insofern ist der "Fall Hohmann", der bisher vor allem ein politischer Skandal der Union wie der deutschen Pressemehrheit war, ein höchstrangiges Rechtsproblem. Ein Fall, an dem gemessen, geklärt und rechtlich geregelt werden sollte, wie hoch Grundwerte unserer Verfassung hinsichtlich der Presse- und Meinungsfreiheit, vor allem aber der unabhängigen Rechte von frei und direkt gewählten Abgeordneten einzuordnen und zu achten sind. Das ist wichtiger als ein spektakulärer Wahlerfolg.


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