© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/05 24. Juni 2005

Der neue Hauptfeind
von Jörg Fischer

Daß der Bayerische Rundfunk oder die bürgerliche Presse Oskar Lafontaines politische Ideen zerpflückt und seine Marotten und Fehltritte genüßlich wiederkäut, überrascht nicht - das war noch nie anders. Doch die Wut, die dem einstigen Liebling der deutschen Linken nun aus rot-grünen Kreisen entgegenschallt, scheint keine Grenzen mehr zu kennen. Seit der Ex-SPD-Chef letzte Woche gefordert hat, der Staat sei "verpflichtet zu verhindern, daß Familienväter und Frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter ihnen zu Billiglöhnen die Arbeitsplätze wegnehmen", brach sich blanker Haß die Bahn.

"Das ist eine Wortwahl nahe am Nazi-Jargon. Damit schürt Lafontaine Ausländerfeindlichkeit. Einfach abstoßend", befand die Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD), in der Bild-Zeitung. Steffi Lemke, Bundesgeschäftsführerin der Grünen, nennt ihn "den Zündler am rechten Rand", Parteichefin Claudia Roth meinte gar, er spreche "in der Sprache des Dritten Reichs". "Jeder anständige Demokrat, Linker oder Antifaschist muß dieser Person die Unterstützung verweigern", verlangte ihr Parteikollege Volker Beck. Der wahre Grund dieser Aufregung ist allerdings ein ganz banaler: Einem von Ex-PDS-Chef Gregor Gysi und Lafontaine angeführten Linksbündnis werden von den Demoskopen bis zu neun Prozent bei der Bundestagswahl vorausgesagt - hauptsächlich zu Lasten von SPD und Grünen. Übrigens: Der Begriff "Fremdarbeiter" kam auch schon in sozialdemokratischen Schriften vor.


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