© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/05 17. Juni 2005

Zeitschriften: "Park Avenue" - satt und schön um jeden Preis
Sein oder Design
Ellen Kositza

Einmal, da ist Alexander von Schönburg etwas Bewegendes passiert. In seinem frischgedruckten Hochglanzmagazin Park Avenue darf er es erzählen: Er hatte sich um eine Audienz bei Angelica Blechschmidt beworben und war gescheitert. Da könne man Jahre (Jahrzehnte?) warten, wurde ihm beschieden. Nur wenige Tage später erwartete von Schönburgs Gattin einen Hausbesuch des "besten Friseurs der Welt". Und wen brachte er zufällig als Begleitung mit? Angelica Blechschmidt! Jene "sagenumwobene Erscheinung", "Legende" gar, diese quasi-Päpstin mit "hypnotischer Wirkung"! Majestät fand sich also im Potsdamer Domizil der von Schönburgs ein, und dort standen ihre sicherlich eleganten Füße auf Laminat-Fußboden. Soll man es Glück nennen, daß von Schönburg damals noch nicht die abgrundtiefe Abneigung von Donna Blech-schmidt gegen Laminat kannte?

Moment: Sie stocken, runzeln die Stirn? Fragen sich gar, wer denn An-gelica Blechschmidt sei, jene Halbgöttin, der Chefredakteur Alexander von Schönburg in der neugegründeten Illustrierten zehn Seiten und 47 Fotos widmet? Dann wären Sie, mit Verlaub, ein Tölpel, ein Banause und jenes Magazin somit eine kostbare Perle, Ihnen als kulturlosem Ignoranten hingeworfen.

Zur Erinnerung: Mit dem elitären Anspruch, ohne Klatsch und Populismus meinungsbildend zu sein und "Orientierung in einer rastlosen Zeit" zu bieten, hat die Park Avenue vorab - und mit einem Marketing-Etat von einer Million Euro - für ihr einzigartiges Format geworben. Angekündigt waren Geschichten über Menschen, die etwas leisten, etwas bewegen, ansonsten: Glamour statt Luderleben. Und nun dies: Wo in der Bunte oder der Gala in schmaler Spalte über eine Affäre zwischen Angelina Jolie und Brad Pitt gemunkelt würde, präsentiert Park Avenue einen ganzseitig dichtgedruckten Einblick ("Brad und Angelina machen es bezaubernd, sie wirken jung und glücklich") in das Geschehen zwischen den Laken. Ein ebenfalls unwesentliches Porträt über Jade Jagger kulminiert in der Feststellung "Sein oder Design, das ist nicht die Frage", und jenes spitzfindige Wortspiel ist inhaltlich programmatisch für das gesamte Heft.

Wie schön wäre es, der medienweiten Kritik und Häme gegenüber der Park Avenue Paroli zu bieten, denn spricht hier nicht wieder die stirnzerfurchte deutsche Neidgesellschaft? Allein, es fehlt auch an der kleinsten Widerständigkeit in diesem Yuppie-Erguß, um wohlwollend einhaken zu können. 70 Seiten hochkarätiger Werbung beinhaltet das 240 Seiten starke Heft, die gefühlte Anzeigenmasse allerdings liegt bei mindestens 50/50. Für diese Nullnummer der Illustrierten durften sich Cartier, Dior, Chanel & Co. allerdings kostenlos spreizen, und einmal mehr ist Ästhetik - und damit ein Wert, auf den die Blattmacher setzen - auch auf diesen nichtredaktionellen Seiten Ge-schmackssache. Sich über magersüchtige Mannequins auszulassen, ist längst ein Gemeinplatz - nichtsdestotrotz vermag hier so manche ausgemergelte Höllengestalt, etwa jene hyperanorektische Untote aus der Akris-Modewerbung, einem die Tränen in die Augen zu treiben.

Gestalterisch von der Leine gelassen, wenn nicht nervtötend, stellt sich zu allem Überfluß das nervöse Spiel mit Schriftgrößen und -arten dar. Mitunter findet sich binnen einer Überschrift ein sechsfacher - und in jedem Fall sinnfreier - Wechsel zwischen fett, kursiv et cetera.

"Schampus ist dicker als Blut", titelte die Märkische Allgemeine höchst treffend in ihrer Rezension und spielt damit auf die hier stattfindende Ineinssetzung von Leistungs- und Geburtsadel (ein gesellschaftliches Feld, dessen Bestellung von Schönburg gut anstehen würde) mit geldschwerer Schnöselelite an. Letzterer gilt dabei das Hauptaugenmerk, etwa in einer seitenlangen Auslassung über den "Horror, in Südfrankreich reich zu sein". "Kaschmirleben", untertitelt ein Werbekunde die abgebildete lässige Segelclique, und das dürfte das (zumindest als Image angestrebte) Lebensgefühl des Zielpublikums ganz gut treffen: satt, wohltemperiert und schön um jeden Preis.

Kaviar wickelt man nicht in Altpapier

Recht irritiert - und war nicht von "Orientierung" die Rede? - liest man schließlich einen dämlichen Willy-Winkler-Essay über die Wertlosigkeit von Werten. Botho Strauß, Prinz Asfa-Wossen Asserate, der alte wie der neue Papst: Massenhaft Heuchler werden von Winkler als wertestiftende "Brandstifter unter Biedermeiern" am Werk gesehen. Dabei sei der Himmel nun mal leer, Gott tot und Werte - der Autor scherzt nicht - verdächtig.

Was also tun mit dem ausgelesenen Edelpapier? Kaviar wickelt man nicht in Altpapier, daher möge der erlesene Leser diese und folgende Ausgaben in einem mit Goldlettern verzierten Zie-genlederschuber sammeln und dem Hausaltar zur Seite stellen.

Ach ja, Angelica Blechschmidt ("Lieber friere ich, als ohne Ringe das Haus zu verlassen") ist die glamouröse Ex-Chefin des Modemagazins Vogue. Aber das wußten Sie natürlich, oder?

Info/Kontakt: Park Avenue, Am Baumwall 11, 20459 Hamburg, Tel.: 040 / 37 03-0, E-Post: info@parkavenue-magazin.de .

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