© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/05 17. Juni 2005

Leserbriefe

Zu: "Wenn Brüssel in Trümmer fällt" von Bernd-Thomas Ramb, JF 24/05

Nicht zu unseren Gunsten

Das Problem ist nicht, daß die Frage für ein Verfassungsreferendum 16 Worte umfaßt; das Problem ist, daß der Verfassungstext selbst 10.000mal so lang ist. Alle Wähler hatten (oder haben) das zweifelhafte Vergnügen, sich mit dem Kleingedruckten des Paragraphen "Versicherungsverträge" herumzuschlagen. Und aus dieser Erfahrung zu lernen, daß exzessive Länge eines Textes ein Zeichen dafür sein kann, daß dort etwas verborgen ist, was nicht zu unseren Gunsten ausfällt.

Heinz Hochapfel, Zweibrücken

 

Britische Denkpausen

Das ist doch "Wa(h)re Demokratie" was die britische Regierung da liefert. Nämlich eine (wenn es nach Blair geht) sogenannte "Denkpause", in der die Briten sich, mit Hilfe der Medien, dann doch noch für die EU-Verfassung entscheiden sollen. Wie schön, daß man neuerdings Zeiten, in denen politische Propaganda betrieben wird, als "Denkpausen" bezeichnet. 

Stephan Strauch, Per E-Post

 

 

Zu: "Reibungsloser Machtwechsel" von Dieter Stein, JF 24/05

Fast deckungsgleich

Die Parteien blasen zum Wahlkampf. Doch zum Verwechseln ähnlich klingen die Signale - fast deckungsgleich erscheinen Diagnosen und Rezepte. Alle wollen den Staatshaushalt sanieren und greifen in die alte Werkzeugkiste: Mehrwertsteuer erhöhen, Pendlerpauschale und Nachtzuschläge kürzen, Eigenheimzulage streichen. Das ist so verlockend wie die Entscheidung zwischen Pest und Cholera.

Vollmundig verspricht man dem Bürger einen "ehrlichen" Wahlkampf der "bitteren Wahrheiten" - und bleibt vom Start weg in Halbwahrheiten stecken. Denn die Kandidaten wagen es nicht, alle Einsparmöglichkeiten beim Namen zu nennen: die überhöhten deutschen Zahlungen an EU, Nato und Uno, die Ausgaben für die Zuwanderung, die Kosten der Auslandseinsätze der Bundeswehr, die von den Rechnungshöfen angeprangerte Verschwendung vieler Steuer-Milliarden. Nur die dummen Deutschen sollen mal wieder die Hauptlast schultern. Wozu also wählen gehen, wenn echte Alternativen fehlen?

Herbert Rauter, Karlsruhe

 

 

Zu: "Schröders Waterloo" von Fritz Schenk, JF 24/05

Polit-Fuchs Schröder

Es war ein geschickter Schachzug von Gerhard Schröder, vorgezogene Neuwahlen in Aussicht zu stellen. Aber er ist doch kein Selbstmörder, insbesondere wenn Angela Merkel einen höheren Beliebtheitsgrad erreicht als er. An Begründungen für einen Meinungswechsel wird es ihm auch nicht fehlen. "Das angestrebte Verfahren, mit Hilfe einer verlorenen Vertrauensfrage Neuwahlen zu erreichen, ist rechtlich nicht durchsetzbar. Der Bundespräsident Köhler hatte Bedenken. Und die Ablehnung der EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden erfordert eine funktionsfähige Regierung in Deutschland."

Außerdem hat er damit erreicht, daß CDU und FDP ihren NRW-Wahlerfolg nicht auskosten konnten, und sie haben ihm vorzeitig ihre Wahlziele offenbart. Diese kann er nun für neue Maßnahmen verwenden, ohne daß CDU und FDP dagegen stimmen können. So kann er bequem die restliche Regierungszeit überstehen und noch weitere Punkte sammeln. All das wird sich ein Fuchs wie Schröder nicht entgehen lassen.

Jürgen Schulz, Buchholz

 

 

Zu: "Bavaria geht auf den Strich" von Andreas Wild, JF 24/05

Ein wirklicher Skandal

Großer Aufruhr in den Medien über den Schleichwerbeskandal in der ARD-Serie "Marienhof". Die FAZ vom 2. Juni schrieb, es habe sich nicht nur um Produktwerbung gehandelt, sondern auch um Politik.

So wurde der mögliche EU-Beitritt der Türkei bejubelt, indem ein türkischer Gemüsehändler in der Folge vom 23. April vor einer Schulklasse den Beitritt seines Landes dergestalt forderte, daß man gar nichts anderes als "Ja" habe sagen können. Das ist wirklich ein Skandal.

Was die Medien allerdings nicht erwähnten, ist die Tatsache, daß in sämtlichen Vorabendserien Homosexualität und Multikultur umjubelt werden - und das schon seit Jahren und ohne Kritik.

Jan-Henrik Gätjen, Kiel

 

 

Zu: "Merci beaucoup!" von Andreas Mölzer, JF 23/05

Fundamente des Abendlandes

Selten hat mich eine Schlagzeile so begeistert. Meine Freunde und ich sind Andreas Mölzer überaus dankbar für seinen Leitartikel über die "Chance für ein anderes, besseres Europa". Endlich müssen die Politiker mit verkümmertem Geschichtsbewußtsein sich auf die Fundamente des Abendlandes besinnen: Akropolis, Golgatha, Kapitol! Die riesige Aufgabe, rund dreißig europäische Völker zu einem harmonischen Zusammenleben zu einen, ist ohne Gottes Hilfe nicht möglich.

"Ohne Gott geht Europa zum Teufel", sagte Martin Hohmann zu Recht am 12. Mai im Deutschen Bundestag.

Charlotte Brinkmann, Duisburg

 

Existenzielle nationale Frage

"Merci" Frankreich, "dank U well" Holland für das klare "Nein" zur vorliegenden Europäischen Verfassung. Leider können wir Deutsche uns nicht anschließen. Unsere Altparteien verweigern uns das uns in unserem Grundgesetz zugestandene Recht auf eine vom Volk gewählte Verfassung und somit bei existenziellen nationalen Fragen eine erforderliche Volksabstimmung.

Hugo Lidl, Bad Feilnbach

 

Diktat von Technokraten

Meine Bewunderung gehört Frankreich, dieser großen Nation jenseits des Rheins. Frankreich hat es verstanden, dem Euro-Kuddelmuddel vorerst einmal Grenzen zu setzen. Wahrhaftig eine große Freude, speziell wohl auch für die Mehrheit der Bürger in Deutschland, denen es versagt geblieben ist über die europäische Verfassung zu votieren.

Die Politiker Europas werden lernen müssen, daß das Zusammenwachsen Europas nur mit dem Bürger zu machen ist. Europa ja - aber nicht um jeden Preis und erst recht nicht unter dem Diktat von Technokraten.

J. F. Wilhelm Hörnicke, Eschborn

 

Rechnung nicht aufgegangen

Ich habe noch niemanden gefunden, der die Ablehnung der EU-Verfassung durch Franzosen und Holländer nicht begrüßt hätte. Besonders freute dabei, daß Schröder und Fischer die Suppe versalzen wurde, die, leider auch mit anderen, auch aus der CDU/CSU, die deutschen Bürger entmündigt hatten. Ja, sie hatten sogar die Frechheit, den Franzosen sagen zu wollen, was sie zu tun hätten. Nun ist die Rechnung nicht aufgegangen, und es wird überlegt, auf welch krummen Wegen das Nein unserer Nachbarn umgangen werden kann. Redliche und glaubwürdige Politiker sind zur absoluten Seltenheit geworden.

Europa hat das nicht verdient, und vor allem nicht seine Bürger, die von den Politikern ernst genommen werden wollen, auch Europa wollen, aber nicht ein aufgezwungenes bürokratisches und auch keine EU, in der die Demokratie nur noch ein Deckblatt ist, Europa muß man besser machen.

Marko Frantschach, Duisburg

 

 

Zu: "Ratlosigkeit bei den Regierenden", Interview mit Ernst Benda, JF 23/05

Kaum zu glauben

Der von Professor Benda gemachten Äußerung, daß "das Grundgesetz aus guten Gründen keine Volksabstimmungen vorsieht", möchte ich widersprechen: In Art. 20 (2) des Grundgesetzes heißt es: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen ... ausgeübt." Ein Student hat auch kürzlich erst in einer 500seitigen Diplomarbeit nachgewiesen, daß Deutschland direkt demokratisch ist! Es ist kaum zu glauben, daß der Ex-Präsident des Bundesgerichtshofes nicht einmal das Grundgesetz richtig kennt bzw. auslegen kann!

Paul Hanel, Per E-Post

 

 

Zu: "Niederlage der politischen Klasse" von Alain de Benoist, JF 23/05

Kein Interesse am Souverän

Wie vor jeder beliebigen Wahl liefen auch in Frankreich und den Niederlanden die gut geschmierten Wahlkampfmaschinen der etablierten politischen Klasse auf Hochtouren. Galt es doch, dem Wähler die eigene Sicht der zur Abstimmung stehenden Dinge als die einzig richtige einzuhämmern. Was jedoch sonst nur die kleineren und die sich dann auf den Oppositionsbänken wiederfindenden Parteien erleben mußten, traf bei den Referenden zur EU-Verfassung die breite Mehrheit des Politikbetriebes. Die darauf folgende Reaktion konnte ebensowenig überraschen wie der Ausgang der Abstimmungen. Maßgeblich für den Mißerfolg war nicht in erster Linie der Inhalt des Verfassungsvertrages oder der Wahlkampf an sich, sondern die Attitüde der auf der politischen Bühne Europas agierenden Politiker.

Das Interesse am Souverän entfaltet sich nur in vollem Maße, wenn Entscheidungen über die künftige Zusammensetzung der Volksvertretung, also über die berufliche Zukunft der jeweiligen Politiker selbst, anstehen. Dies mochte in vergangenen Zeiten gelten, als die Probleme für beide Seiten ähnliche waren und die Distanz noch nicht so ausgeprägt. Gerade die Debatte um und über den Verfassungsvertrag zeigt dies deutlich. Die institutionellen Grundlagen einer fortschreitenden und sich vertiefenden europäischen Vereinigung sind nicht die vordringlichen Probleme für die Mehrheit der abstimmenden Wähler in Frankreich und den Niederlanden. Es ist den Europa-Befürwortern nicht gelungen, die Notwendigkeit einer solchen grundlegenden Regelung positiv zu problematisieren.

Daniel J. Hahn, Eichenau

 

 

Zu: "Beschäftigung statt Globalisierung" von Andreas Mölzer, JF 23/05

Nie wieder Vollbeschäftigung

Daß der fortlaufende Verlust von Arbeitsplätzen ein Ausfluß der Globalisierung ist, wird sicher nicht nur von Mölzer so gesehen. Trotz allem ist die Globalisierung aber nicht der eigentliche Grund, sondern bestenfalls ein zusätzliches Problem. Hauptverursacher ist der technische Fortschritt, der uns durch eine immer größer werdende Produktivität und Rationalisierung in eine wachsende, potentielle Überproduktion hineinlaufen ließ. Wenn in jeder Investitionsrunde ein Rationalisierungsfortschritt von durchschnittlich 40 Prozent auftritt, bleibt es eben nicht aus, daß die immer rasanter produzierten Waren die Märkte verstopfen und der daraus folgende Preiskampf über den Kostendruck letztlich die Arbeitsmärkte aufmischt und in Folge die Inlandsnachfrage drückt.

Der letzte Ausweg für die viel gescholtenen shareholders, ihren value zu behalten bzw. zu entwickeln, ist dann, die Globalisierung voranzutreiben und auf Billig-Produktionsstandorte auszuweichen. Daß Fehlentwicklungen einer neoliberalen Politik wie schrankenlose EU-Erweiterung, Gemeinschaftswährung, Schengen-Abkommen mit Multikulti-Spontis ein Restliches dazu tun, um altes, schwer erarbeitetes Vermögen leichtfertig zu vernichten, und Menschen massenweise in das arbeitslose soziale Aus schicken, verschärft dann natürlich die Folgen der nicht erkannten Früchte unseres eigenen Handelns, auf das wir so stolz waren und das uns so reich gemacht hat: den technischen Fortschritt. Wir werden uns damit abfinden müssen, daß wir nie wieder eine durch die Produktion und ihre angelagerten Bereiche resultierende Vollbeschäftigung bekommen werden.

Bernhard W. Tkocz, Oberhausen

 

 

Zu: "Zwei rechnen ab" von Doris Neujahr, JF 23/05

Kleiner Hoffnungsschimmer

Wir haben vor allem abzurechnen und zu wägen, was uns Schröder und Merkel bieten oder geboten haben. Schröder hat unser Land an die Wand gefahren und hat die Wende zum Besseren nicht geschafft, auch war er unglaubwürdig, überheblich und hat die nationalen Belange mißachtet. Sein Mitfeiern in der Normandie und in Moskau fand ich unwürdig und schändlich, sein Bestreben, die Türkei in die EU zu holen, ist gegenüber uns Deutschen eine feindselige Absicht.

Hat aber Frau Merkel Besseres zu bieten? Was hat sie uns bisher geboten? Hohmann läßt grüßen, auch die Sudetendeutschen wie alle Vertriebenen hatten in Frau Merkel bislang keine Fürsprecherin. Die CDU hat zum 8. Mai ein trauriges Bild geboten. Wo sie wie im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf wagte, aller Opfer gedenken zu wollen, ging sie schnell in die Knie und duckte sich. Was will man mit solch einer Partei?

Wir hoffen natürlich, daß ein Regierungswechsel dem Land und seinen Menschen Vorteile bringt, aber es ist nur ein sehr kleiner Hoffnungsschimmer, sind doch die Probleme gewaltig und die zu vermutende Kompetenz gering.

Claus Marein, Hamburg

 

 

Zu: "Kommt eine konservative Wende?" von Dieter Stein, JF 22/05

Kitten und kleben

Es darf an einer konservativen Wende unter einer Bundeskanzlerin Angela Merkel gezweifelt werden. Schon jetzt fangen die CDU/CSU-Spitzenfunktionäre an, ihre Reformvorschläge unsortiert auf den Tisch zu legen, an Programm "zu werkeln, zu kitten und zu kleben". Sie sollten damit bis nach dem Kassensturz warten, der schlimmer ausfallen wird, als Herr Eichel derzeit zugibt. Der Bürger ist zu weiteren Opfern bereit - unter einer Voraussetzung, daß nämlich die Reformer selbst mit gutem Beispiel vorangehen und strikte Abstinenz in Sachen Selbstbedienung üben.

Im Moment wäre die CDU/CSU gut beraten, den Wählern mitzuteilen, welche Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen rot-grüner Mißwirtschaft sie sofort nach Regierungsübernahme außer Kraft setzen wird.

Dr. Jakobus Lüttmer, Limburgerhof

 

Einsparmöglichkeiten

Nach den für die jetzige Regierung enttäuschenden Wahlergebnissen in den Bundesländern sieht die Opposition ihre Stunde gekommen, die Wähler auf "bessere Zeiten" vorzubereiten, allerdings mit der Aussicht, sie finanziell weiterhin, wenn nicht gar noch mehr, zur Kasse zu bitten. Tabu bleiben allerdings die Bereiche, in denen Milliarden eingespart werden könnten. Dazu gehören die hohen Zahlungen an Brüssel, an die Uno und die Nato. Sind all die Auslandseinsätze der Bundeswehr, die den Verteidigungsetat belasten, wirklich erforderlich? Muß Deutschland tatsächlich "am Hindukusch verteidigt" werden? Sollte sich nicht gerade Deutschland, dessen kriegerische Vergangenheit als Makel und Verbrechen jedem einzelnen Bürger angelastet wird, eher zurücknehmen?

Politiker und Manager sind schon zu Zeiten ihres Berufslebens überversorgt, nach der Pensionierung geht es ihnen nicht schlechter, denn sie genießen nach wie vor die Vorzüge eines eigenen und natürlich vom Staat bezahlten Büros, eines Dienstwagens und vieles mehr. Es ließe sich vieles einsparen. Doch die Herren, die "Schaden vom Volk abwenden" sollen, scheinen nur sich selbst als "Volk" anzusehen.

Eleonora Bolter, Karlsruhe

 

 

Zu: "Das Volk stoppt die Verfassung", Interview mit N. Dupont-Aignan, JF 22/05

Pyrrhussieg errungen

Die herablassende Selbstsicherheit der Gegner des Verfassungsentwurfs, mit dem eine Reihe durchaus angesehener Politiker und Fachjuristen versucht haben, dem formlosen Gebilde EU nach der abenteuerlichen "Erweiterung" Halt und Gestalt zu geben, hat seit der französischen Abstimmung ihren Pyrrhussieg errungen.

Ich darf aus der Zeugenschaft einer zwanzigjährigen Mitarbeit in der Brüsseler Kommission bestätigen, daß die transnationale Zusammenarbeit für mich, der ich die Vorspiele zum Zweiten Weltkrieg und den Krieg selbst erlebt habe das positivste Beispiel sinnvoller, vernünftiger europäischer Politik waren: Adenauer, Schuman, de Gasperi, um einige Namen zu nennen. Der Sündenbock EU-Kommission, wo es im übrigen wie in jeder staatlichen oder privatwirtschaftlichen Verwaltung sowohl Nieten, Faulenzer, und Wichtigtuer gibt, diese EU-Kommission hält jeden Vergleich mit irgendeiner nationalen Verwaltung zu ihrem Vorteil aus: Die Elite der EU-Verwaltung hat dank ihrer intellektuellen Bewährung mit Männern wie Hallstein und vielen anderen aus dem Stegreif eine Europäische Union entwickelt, die - nicht von ungefähr! - die Nachbarn wie die Mücken ans Licht zieht. Übrigens: Um 25 EU-Staaten "zu verwalten" benötigt die Europäische Kommission weniger Personal als irgendeine europäische Großstadt.

Franz Schnell, Brüssel

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