© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/05 17. Juni 2005

Regenbogenkoalition gegen Islamismus
Bürgerbewegungen: Moscheebau-Gegner beraten über Strategien und empfehlen Bündelung der Kräfte / Bessere Erfolgsaussichten in Kleinstädten
Bruno Gebhardt

Am ersten Juni-Wochenende tra fen sich in Wertheim am Main Vertreter von vierundzwanzig Bürgerinitiativen zur Jahreshauptversammlung des Bundesverbandes der Bürgerbewegungen (BDB). In dem islamisierungskritischen Dachverband, dessen Zielsetzung nach eigenen Angaben die "Bewahrung von Demokratie, Heimat und Menschenrechten" ist, hatten sich 2003 zunächst acht lokale Initiativen gegen örtliche Moscheebauprojekte zusammengeschlossen. Mittlerweile ist hieraus eine breitere Bewegung entstanden, die sich gegen die Islamisierung Deutschlands und Europas wendet. Ende vergangenen Jahres ist der Verband durch eine deutschlandweite Anzeigenkampagne gegen den EU-Beitritt der Türkei aufgefallen.

Wie der Vorsitzende Willi Schwend auf der Tagung ausführte, war die strikte Abgrenzung gegenüber extremistischen Gruppen und Personen eine der Voraussetzungen für verschiedene lokale Erfolge, zu denen im vorigen Jahr die Verhinderung von Moscheebauprojekten im baden-württembergischen Wertingen und im hessischen Schlüchtern (JF 35/04) gehörten. "Dadurch ist es erstmals gelungen", so Schwend, "durch aktiven Bürgerwiderstand den Selbstläufercharakter solcher Bauvorhaben zu brechen, die bisher regelmäßig gegen den Bevölkerungswillen durchgedrückt werden konnten." Dabei seien drei Erfolgsfaktoren deutlich geworden: In Kleinstädten sei die Formierung des Widerstandes leichter, weil hier die üblichen Helfer islamistischer Moscheebauer aus dem linken und kirchlichen Milieu nicht so ungehindert agieren können wie im großstädtischen Umfeld. Der Widerstand müsse zudem aus der "Mitte der Gesellschaft" mit starker Unterstützung der etablierten Honoratiorenschaft kommen, weil er sich dann nicht ohne weiteres in die "rechte Ecke" stellen läßt. Außerdem müsse der Konflikt in den nächsten Wahlkampf verschleppt werden, beispielsweise durch Bürgerbegehren und juristische Schritte, da die meist konfliktscheue Politik nur dann bereit sei, sich den Bürgerwillen an die eigene Fahne zu heften. "Man muß sich nicht jede islamistische Zumutung bieten lassen", lautete Schwends Fazit. "Bürgerwiderstand gegen Moscheenbau hat dann Erfolg, wenn die Mehrheit an einem Strang zieht und die Politiker zwingt, den Mehrheitswillen zu respektieren."

Das Hauptreferat der Tagung hielt der Publizist Rolf Stolz. Der Mitbegründer der Grünen, der heute der Zuwanderung kritisch gegenübersteht, sprach über "Fragen der Strategie und Taktik von Bürgerbewegungen" mit Blick auf den Kampf gegen die auf allen Ebenen um sich greifende Islamisierung unserer Gesellschaft. Obwohl diese Entwicklung von der Mehrheit der Bevölkerung nicht gewünscht werde, werde sie von Politik und Gesetzgebung eher gefördert denn gebremst.

Stolz stellte sein Konzept einer "großen Regebogenkoalition aller Demokraten und Menschenfreunde" gegen die islamische Herausforderung vor. Ein solches breitgefächertes Aktionsbündnis demokratischer Kräfte könnte von Bürgerinitiativen gegen Moscheenbau über islamkritische Arbeitsgemeinschaften in Parteien und Verbänden bis hin zu Reformmuslimen reichen.

Die Gefahr des Scheiterns bei einem solchen Bündnis "teilautonomer Kerne" höchst unterschiedlicher politischer und weltanschaulicher Couleur liege in einer zu starken Betonung der Unterschiede. Allein bei der Bestimmung des Gegners entstehen schließlich schon schwerwiegende Abgrenzungsprobleme. Es könne bei den doch sehr divergenten Sichtweisen der Islamgegner stets nur ein "teilweises Zusammengehen an bestimmten Punkten" geben.

"Regenbogenkoalition" meine gleichwohl ein Zusammengehen, das weiter reicht als die üblichen inhaltlich und zeitlich begrenzten Koalitionen im gesellschaftlichen Alltag. Diese größere Offenheit bedinge eine hohe Streittoleranz und die Fähigkeit zum Aushalten von Konflikten. Unter diesen Vorzeichen müsse es aber möglich sein, über ein teilweises, punktuelles Zusammengehen Menschen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund zusammenzubringen, wenn auch nicht immer alle an jedem Ort und bei jedem Anliegen. "Der Atheist wird beim Kampf für das Kruzifix im Klassenzimmer wegbleiben, der Reformmuslim, wenn bei einer Aktion die Stoßrichtung nicht nur auf den Islamismus zielt, sondern der Islam insgesamt in Frage gestellt wird," sagte Stolz.

Mit Blick auf seine jahrzehntelangen Erfahrung mit dem Aufbau von Bürgerbewegungen stellte Stolz eindringlich klar: Eine solche Koalition habe keine Chance, wirklich gesellschaftsverändernd wirksam zu werden, wenn die einzelnen beteiligten Kräfte mehr gegeneinander kämpfen als gegen den gemeinsamen Gegner. Was solche Bewegungen stärker als die Ablehnung durch Gegner ruiniere, sei ein Absorbieren aller Kräfte durch internen Kampf gegeneinander. "Ich denke, es ist eine ganz große Chance, daß wir hier weder eine Sekte noch eine Erweckungsbewegung noch eine Partei haben, die ein vorher festgelegtes Parteiprogramm exekutiert, sondern eher die Chance haben, mit einem sehr offenen Projekt an diese Dinge heranzutreten", sagte er.

Öffentlichkeitswirksame Forderungen an die Politik

Als erfolgsversprechende Schwerpunkte für Aktivitäten von Islamisierungsgegnern stellte Stolz neben dem Kampf gegen den Moscheebau und den EU-Beitritt der Türkei, das Eintreten für eine kopftuchfreie Schule und die Gleichberechtigung der Frau heraus.

In der die Tagung beschließenden Diskussion wurde beklagt, daß der Verband noch keine öffentlichkeitswirksame Zentralforderung an die Politik gestellt habe. Angesichts des gerade veröffentlichten Verfassungsschutzberichtes 2004, der die Hauptgefahr für die freiheitliche Gesellschaft im Islamismus sieht, wurde beschlossen, zukünftig in der Öffentlichkeit für die Forderung zu werben, daß dem "Kampf gegen den Islamismus" das gleiche Gewicht beigemessen wird wie dem Kampf gegen den politischen Extremismus.

Kontakt und Informationen zum BDB im Internet unter www.buergerbewegungen.de 

Foto: Moschee-Neubau in Berlin: In den Wahlkampf verschleppen

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen