© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/05 10. Juni 2005

Leserbriefe

Zu: "Merci beaucoup!" von Andreas Mölzer, JF 23/05

Bürgerferner Moloch

Die klaren Ergebnisse der Volksabstimmungen in Frankreich und in den Niederlanden stimmen hoffnungsvoll für die Zukunft. Konrad Adenauer und Charles de Gaulle, die vorausblickenden Architekten eines in Freundschaft zusammenwachsenden Europas, wollten immer "den friedlichen Wettbewerb befreundeter Nationen", zu keinem Zeitpunkt einen zentralstaatlichen, bürokratieüberfrachteten, bürgerfernen Moloch Europa, der den Bürgern die Möglichkeit zum Erhalt ihrer nationalen und kulturellen Identität nimmt und versucht, ihnen ihr Denken und ihre Lebensform bis ins Einzelne vorzuschreiben. Hoffen wir, daß nach den Franzosen und Niederländern auch die Briten und andere ihren Charakter und uns alle damit vor Unheil bewahren!

Hätten auch deutsche Politiker den Mut, ihren Bürgern eine eigene Meinungsäußerung zu gestatten, fiele das Ergebnis einer Volksabstimmung zweifelsfrei ebenfalls ablehnend aus, denn die bereits seit langem erkennbare Regulierungswut der Eurobürokratie erstickt nicht nur jede sinnvolle wirtschaftliche Initiative von Mittelständlern, sondern Zug um Zug auch die Möglichkeiten zur individuellen Entfaltung freier und unabhängiger Persönlichkeiten. In diesem Sinne: "Danke, Frankreich!", "Danke, Niederlande!"

Ernst J. Marliany, Heidesheim

 

Den aufrechten Gang gezeigt

Franzosen und Holländer haben besonders uns Deutschen den aufrechten Gang gezeigt, wenn es um die absolute Wahrung ur-nationaler Interessen geht! Dafür sind wir ihnen dankbar. Die politische Vernunft hat im Gegensatz zu Deutschland über parteipolitische Überlegungen gesiegt. Statt der geplanten Erweiterung, dem Sozialabbau in den EU-Kernländern und der weiteren Neoliberalisierung der Wirtschaft muß nun über die Zukunft Europas nach-"verhandelt" werden. Ein Türkei-Beitritt ist damit erfreulicherweise in weite Ferne gerückt. Mit dem "Non" entwickelt sich der untrügliche Beginn für die Völker Europas, sich entschlossener gegen die Bevormundung der Brüsseler Zentrale zu wehren. Die Ablehnung ist in erster Linie eine Ablehnung "der Herrschenden". Das Ergebnis dieses Referendums hat mehr zur Verständigung der Völker beigetragen als alle anderen Abkommen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Und es ist als historisch zu werten, wurde es doch im wahrsten Sinne des Wortes "durch den kleinen Mann" herbeigeführt!

Frieder Getzke/ H.-J. Schroetel, Senftenberg

 

 

Zu: "Sperrt Diekmann für immer weg" von Dieter Stein, JF 23/05

Furor catholicus

Ich teile die Positionen des Kolumnisten sehr oft, aber welcher furor catholicus hat ihn denn bei diesem Kommentar geritten? Einen Chefredakteur "für immer wegsperren" zu wollen wegen seiner Marketingaktivitäten und seiner mißliebigen politischen Präferenzen, ist wohl doch mehr als übers Ziel hinausgeschossen und ein Eigentor. Sollen 11 Millionen Leser gegen die demokratische Rechte aufgebracht werden? Noch dazu behaupten Sie schlicht falsche Dinge. In der Bild waren noch nie "gespreizte" Frauenbeine zu sehen.

Im übrigen ist nicht Herr Diekmann, den ich auch nicht sonderlich schätze, verantwortlich für die Geschmack- und Sittenlosigkeit der Gesellschaft. Da wurde und wird an vielen "Baustellen" gearbeitet. 

Michael Seifert, Per E-Post

 

 

Zu: "Auf zum letzten Gefecht" von Paul Rosen, JF 22/05

Merkels Chance

Die Tatsache, daß Angela Merkel laut Umfragen Gerhard Schröder nun auch in den Persönlichkeitswerten überholt hat, zeugt davon, daß die Menschen die Art und Weise, wie Schröder sich und seine Politik jahrelang "verkaufte", satt haben. Die Bürger wollen keinen Kanzler mehr, der durch PR-Gags von den eigentlichen Problemen des Landes ablenkt.

Schröders Entkleidung ist Merkels Chance. Sie hat sich nie populistisch bemüht, "gut rüberzukommen", sondern ihren Schwerpunkt auf die Vermittlung der programmatischen Visionen ihrer Politik ausgerichtet. Ihr kommt jetzt plötzlich zugute, was ihr jahrelang vorgeworfen wurde - man erinnere sich nur an das fortwährende Sich-lustig-Machen der Presse über ihre "unmoderne" Frisur. Noch einmal: Was nützt den Menschen der Schein, wenn der Inhalt nicht stimmt? Das haben die Deutschen nach sieben langen Jahren der Schröderschen Augenverdreherei begriffen.

Stefan Herre, Bergisch Gladbach

 

Deutscher Scherbenhaufen

Das rot-grüne Experiment am lebenden Menschen neigt sich seinem unrühmlichen Ende zu und die Protagonisten können sich in ihre Landhäuser in der Toskana zurückziehen, um darüber zu räsonieren, wie schön die Welt hätte sein können, die man sich ausgedacht hatte. Aber was ist mit uns, die wir ohne ministrable Versorgung oder Aussicht auf einen Frühstücksdirektorenposten in einer Stiftung im Scherbenhaufen Deutschland sitzen?

Die CDU soll es richten. Die CDU, die der Erosion unserer Restidentität, der massenhaften Einwanderung aus aller Herren Länder in unser Sozialsysteme und der uferlosen Staatsverschuldung Tür und Tor öffnete. Als Einheizer steht die FDP bereit, die den Globalisierungsirrsinn befeuern wird, bei dem vielleicht zehn Prozent gewinnen, aber die riesige Mehrheit unserer Bevölkerung verliert - ohne daß sich die Lebensverhältnisse in den Schwellenländern nachhaltig verbessern. Deutschland hat die Wahl - zwischen Pest und Cholera.

Klaus Jänicke, Berlin

 

 

Zu: "Kommt eine konservative Wende?" von Dieter Stein, JF 22/05

Große Zweifel an einer Wende

Wir haben zwar konservative Bürger in unserem Land, aber haben wir auch eine konservative Partei, die diesen Namen verdient? Ich habe da große Zweifel. Hat Frau Merkel überhaupt ein Überzeugungsfundament, in dem konservative und auch nationale Werte Platz haben? Ich vermag es mir nicht vorzustellen. Ob eine schwarz-gelbe Koalition unser Land aus dem rot-grünen Sumpf herausführen kann, ohne noch mehr Schulden zu machen, wage ich zu bezweifeln, wenn ich es mir auch sehr wünsche.

Martin Bensburg, Salzhausen

 

 

Zu: "Ein beklemmender Eindruck" von Klaus Motschmann, JF 22/05

Ohne Zweifel beklemmend

Zunehmend zweifelt man daran, daß wir in einem Rechtsstaat leben. Schon seit Jahrzehnten stört es mich erheblich, daß unsere obersten Richter von den Parteien benannt werden, ihnen nahestehen oder ihnen angehören. Warum soll ich ausgerechnet von diesen Leuten glauben, daß sie bei ihrer Berufsausübung ihre parteipolitische Herkunft vergessen?

Wir haben seit Jahrzehnten in der veröffentlichten Meinung die bewußte Vermischung von rechts, rechtsaußen, rechtsradikal, rechtsextremistisch; selbst konservativ und natürlich national sind einbezogen. Da es auch noch die Meinungsfreiheit aussetzende Gesetze gibt, ist es ein Kinderspiel, aus einem redlichen Bürger einen Nazi und Rechtsextremisten zu machen, aus einem Nationalen einen Nationalisten.

Man weiß gar nicht, wie einem geschieht, da ist man schon eine Rechte oder ein Rechter. Die Innenminister mit Polizei, Verfassungsschutz und Justiz sind in die Verteufelung von Rechts einbezogen, wobei Politiker an den Schaltstellen die Marschrichtung bestimmen.

Das ist ohne Zweifel beklemmend, auch verabscheuungswürdig und unsere demokratische Ordnung unterlaufend. Aber an eine Änderung ist wohl genausowenig zu denken wie daran, daß auch für Links gilt, was rechts gepflegt wird.

Jens-Uwe Heinrich, Westerland

 

 

Zu: "Der große Bluff" von Fritz Schenk, JF 22/05

Schröders Bluff

Dem Autor kann ich nur zustimmen. Willy Brandt wollte damals eine Pattsituation im Bundestag beenden. Helmut Kohl wollte seine Kanzlerschaft nicht dem "Umfallen" der FDP verdanken. Und Schröder? Er kann nichts Sinnvolles mehr stiften, tut aber so, blufft also. Stünden ihm nicht Leute gegenüber, die für Macht einfach alles tun, hätten sie als erstes seinen Rücktritt verlangt.

Simon Aumeier, Weiden

 

 

Zur Meldung "Klage wegen Überfalls der UdSSR auf Polen", JF 22/05

Kriegsdrohung Polens

Polen will seine Klage gegen Rußland als Rechtsnachfolger der UdSSR wegen der Besetzung Ostpolens im September 1939 auf einen Nichtangriffspakt von 1932 stützen. Wie Gerd Schultze-Rhonhof in seinem Buch "Der Krieg, der viele Väter hatte" ausführt, kündigte die Sowjetunion aber diesen Pakt im September 1938 als Antwort auf die Kriegsdrohung Polens gegenüber der Tschechoslowakei in der Teschen-Frage. Wobei der Autor ausdrücklich darauf hinweist, daß Polen diesen Nichtangriffspakt ein Jahr später (September 1939) gut hätte brauchen können. Sicher hat aber Polen heute Winkeladvokaten, die eine Auflösung des Paktes 1938 bestreiten werden.

Eberhard Koenig, Baiern

 

 

Zu: "Sechzig Kilometer des Grauens" von Ekkehard Schultz, JF 22/03

Korrekte Schreibweise

Es ist sehr verdienstvoll, daß Sie so ausführlich über den "Brünner Todesmarsch" berichten. Störend ist dabei nur die falsche Schreibweise.

Der erwähnte Politiker heißt Benesch, nicht Benes. Da Ihre Druckerei offenbar nicht über ein Häkchen verfügt, das im Tschechischen, entsprechend auch der internationalen Lautschrift aus einem s ein sch macht, ist die korrekte Wiedergabe des Namens nach der deutschen Rechtschreibung Benesch.

Dr. med. Herta Anders, Kulmbach

 

 

Zu: "Schwundstufe Zivilisation" von Baal Müller, JF 22/05

Wertvolle Information

Wenn Wissenschaft als absolute Voraussetzungslosigkeit verstanden wird, ist es gerade lächerlich, Spenglers Erkenntnisse als unwissenschaftlich zu bezeichnen, wie es Baal Müller über die heutigen Kritiker berichtet. Keine Wissenschaft kann vorbei an der Geschichte der acht Hochkulturen, die Spengler herausstellt.

Noch etwas deutlicher hätte Baal Müller bei den "Ursymbolen" die jeweilige religiöse Basis der Hochkulturen erwähnen können. Denn auch dies kann (im Sinne Kants) keine Wissenschaft bestreiten: Spengler kann lückenlos belegen, daß die Entwicklung jeder Hochkultur auf einer Weltbedeutung basiert, die die wissenschaftliche Methodik nicht liefern kann, die aber ein Grundbedürfnis des Menschen ist. Auch der Vorwurf des Biologismus übersieht, daß in dieser Welt alles einmal endet und der von Spengler gesehene Naturvorgang religiösen Glaubens in der Zivilisation, dem Endstadium jeder Hochkultur, erlischt.

Daß auch Huntington Spenglerianer ist, war mir eine wertvolle Information (und Bestätigung meiner Annahme).

Wolfgang Thorwirth, Gummersbach

 

Bestätigung Spenglers

Ich möchte diesen Artikel grundsätzlich als den besten Zeitungsartikel loben, den ich bisher über Oswald Spengler gelesen habe. Etwas muß aber bemerkt werden. Wenn Helmut Kohl mit Blick auf die EU Spengler als widerlegt bezeichnet, ist dies nur das Gerede eines Parteipolitikers und Wahlkämpfers. Die internationale Funktionärsoligarchie EU ist die Bestätigung Spenglers! Im alten Rom folgte auf den ideologischen Blutrausch von den Gracchen über Marius/Sulla und die Triumvirate bis zu Catilina der große Kater, in dem eine müde gewordene römische Bevölkerung, vormals freiheitsliebende Republikaner, den neuen Imperatoren die Macht überließ. Ebenso scheint das Abendland nach dem Terror der Jakobiner, Nationalsozialisten und Kommunisten müde geworden zu sein, indem es nun Demokratie und Souveränität bei einer unblutigen Brüsseler Diktatur abliefert. Die geplante europäische Verfassung ist eine kaum zu unterschätzende Station auf diesem Weg. Die von der europäischen Ebene angemaßte Kompetenz-Kompetenz enthält ungeahnten Sprengstoff.

Wenn Politiker heute allen Ernstes behaupten, ein Staat könne zwei Verfassungen haben, oder es einen demokratischen Fortschritt nennen, wenn Parlamente mehr Kontrollrechte bekommen, dann ist das genau der Verfall der politischen Formen, den Spengler vorausgesagt hat.

Stefan Kayser, Herzogenrath

 

 

Zu: "Die Regierung setzt Prioritäten" von Doris Neujahr, JF 22/05

Nostalgische Betrachtungen

Wie unsinnig die in Kafka (Nr. 13 vom März 2004) wiedergekäute ("politische korrekte") Order ist, die Rede über die Deutschenvertreibung nur dann zuzulassen, wenn man sie "erkennbar mit dem von Nazideutschland ausgegangenen Terror verknüpft", zeigt der Fall Ungarn, das ja mit ebendiesem "Nazideutschland" verbündet war, seine Deutschen aber trotzdem vertrieben hat. Eine mitteleuropäische Öffentlichkeit gebe es nicht, stellt Frau Neujahr richtig fest. Sie kann es nicht geben, weil dieses "kafkaeske" Mitteleuropa mit der verblichenen Habsburger Monarchie identisch ist, die nur noch Gegenstand nostalgischer Betrachtungen sein kann. 

Franz Wesner, Dortmund

 

 

Zu: "Alles kann, nichts muß" von Christian Vollradt, JF 21/05

Unabhängige Kirchen

Niemand muß Gottesdienste der in Deutschland, aber weltweit keinesfalls überall vorherrschenden römisch-katholischen und evangelischen "Landes- und Linkskirchen" besuchen. In fast allen Fragen nehmen die unabhängigen, meist freikirchlichen, also von Spenden statt von Kirchensteuern lebenden Kirchen eine konservative Haltung zur Bibel ein.

Adolf F. Weiss, München

 

 

Zu: "Die wahre Macht des Kapitals" von Roland Baader, JF 20/05

Gesetz des Stärkeren

"Terrible simplificateur" war meine Reaktion auf den Artikel. Der Kapitalismus, von dem Baader träumt, wäre möglich, wenn die Menschen von Natur aus bescheiden und selbstlos eingestellt wären. Das ist leider nicht der Fall. Und deshalb klappt es auch mit dem Kommunismus nicht. Ein Sonderfall: Klöster, da geht es, weil auf freiwilliger Grundlage.

Baader setzt Kapitalismus einer absolut freien Wirtschaft gleich, der Staat, der hier in irgendeiner Weise eingreift, ist der Feind, der nur schadet, wenn er zu verbessern vorgibt. Eine absolut freie Wirtschaft ist aber nur vergleichbar dem Dschungel, wo bekanntlich die großen Tiere die kleinen fressen.

Genauso ist es in Herrn Baaders kapitalistischer freien Wirtschaft. Hier gilt allein das Gesetz des Stärkeren. Und wer erst die erste Million geschafft hat und nicht gerade auf den Kopf gefallen ist, kann mit einiger Sicherheit erwarten, daß aus der einen schnell zwei und viel mehr werden. Und zum Schluß zählen nicht mehr Millionäre, sondern nur noch Milliardäre. Ihnen gegenüber steht die Masse der "Enterbten" - um die sich natürlich der Staat kümmern muß. Wenn er dabei die Großverdiener zur Kasse bittet, geht das Gezeter los. 

Martin Kaffanke, Maple Ridge/Canada

 

 

Zu: "Der Stadt und dem Land" von Doris Neujahr, JF 19/05

Schwarze Anonymität

An Menschen wird hier nicht erinnert. Die Barmherzigkeit fehlt. Eine schwarze Anonymität, die das einzelne Opfer instrumentalisiert und endgültig mit Vernichtung bedeckt. Kein Mahnmal, dafür aber ein Mal. Wer jemals an der Mauer des Denkmals der in Vietnam gefallenen US-Amerikaner hinuntergegangen ist, eintauchend in die steigende Flut der immer vernehmlicher sprechenden Namen - der weiß den Unterschied. Ein Mal? Bald wird alles bekritzelt sein - von denen, die ihre Angehörigen dem Vergessen entreißen wollen, von Neonazis, Provokateuren und Pubertären - und dann wird ein unaufhörliches Geschrei um das Saubermachen anheben - und das Ganze wird endgültig zum Skandalon.

Dr. Waldemar Jäger, Darmstadt


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