Aufgeschnappt
Geschichtsvergessenheit
Matthias Bäkermann

Auffällig präsentieren sich seit einigen Wochen Hunderte großflächiger Plakate an Berliner Litfaßsäulen, Werbungskästen und Bushaltestellen mit den Jahreszahlen 1905 und 2005. Diese Zahlen setzen sich aus vielen Dutzend Wappen deutscher Städte zusammen. Ausgedacht hat sich diese Aktion die Werbefirma Wall AG, die dem Deutschen Städtetag zu den dieser Tage stattfindenden Feiern anläßlich des hundertjährigen Verbandsjubiläums gratulieren möchte.

Bei genauer Betrachtung der Wappen fällt jedoch auf, daß von den 144 Gründungsmitgliedern in der Jahreszahl 1905 einige fehlen: Danzig, Königsberg, Breslau, Kattowitz, Stettin oder auch Straßburg blieben unberücksichtigt, obwohl diese damaligen deutschen Großstädte ihren Interessenverband mit aus der Taufe hoben.

Martin Jansen, Organisator der Jubiläumsfeiern vom Deutschen Städtetag, beteuert, in diese Aktion "nicht involviert" gewesen zu sein; "Wir waren noch nicht einmal informiert." Die Ausblendung ostdeutscher Städte oder der Elsaß-Metropole hält er zudem für "keine gelungene Aktion". Bei der Firma Wall AG, die diese Plakate gestalten ließ, zeigt man sich überrascht, weist unterdessen alle Motive der Political Correctness zurück. Wie Unternehmenssprecherin Beate Stoffers versichert, "war nur die Kenntnis über den Sachverhalt nicht vorhanden". Es bleibt die Frage, was bedauerlicher ist.