© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/05 27. Mai 2005

Hoffen auf Frankreich
von Bruno Bandulet

Seitdem Europa über den Status einer Wirtschaftsunion hinausgewachsen ist, spätestens also seit dem Vertrag von Maastricht, nimmt die Entfremdung zwischen Machthabern und Bürgern zu. Jene schillernde Konstruktion, die irgendwo zwischen Staatenbund und Bundesstaat angesiedelt ist, die einmal als EU, ein andermal als EG in Erscheinung tritt, wird weithin als anonym und undemokratisch empfunden. Wenn nun die Franzosen oder die Niederländer trotz aller Desinformation Nein zur Europäischen Verfassung sagen, dann stürzt dieses Europa in eine schwere Krise. Und zwar in eine Krise, die heilsam sein könnte, weil sie die Chance für einen Neuanfang böte - für ein neues Europa, das zum Respekt vor Demokratie und Gewaltenteilung zurückfindet, das die Souveränität der Nationen wieder achtet, anstatt sie in einem heimtückischen Prozeß zu zerstören.In einem solchen Europa wäre kein Platz für einen Europäischen Haftbefehl, der seit dem August 2004 jeden Bürger dem Risiko aussetzt, an eine fremde Justiz ausgeliefert zu werden. Der Europäische Haftbefehl ist ebenso wie die Verfassung das Produkt eines Brüsseler Zentralismus, der sich längst auf Kollisionskurs nicht nur mit dem deutschen Grundgesetz befindet. Es ist kein Zufall, daß sich gerade jetzt die Verfassungsgerichte in Deutschland und Polen mit dem Haftbefehl befassen und daß in Karlsruhe in Kürze eine neuerliche Klage Peter Gauweilers (CSU) gegen die Europäische Verfassung eingehen wird. Zunächst aber haben es die Franzosen in der Hand, ein Europa zu erzwingen, in dem man wieder gerne lebt.


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