© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/05 20. Mai 2005

Frisch gepresst

Sängerfest. Es begann im Jahr 1956 als ur-europäisches Projekt. Die Schweiz, Luxemburg, die Niederlande, Belgien, Westdeutschland, Italien und Frankreich - allesamt Gründungsländer der European Broadcasting Union - veranstalteten in Lugano den ersten "Grand Prix des europäischen Liedes". Lys Assia gewann den Wettbewerb für die Schweiz - und keiner bekam es so richtig mit. Doch das sollte sich bald gründlich ändern. Die Fernsehgemeinde wuchs, und der Grand Prix d'Eurovision de la Chanson entwickelte sich zu einem fürwahr europäischen Großereignis. Europa wurde immer größer - die Türkei nahm im Jahr 1975 das erste Mal teil - und die Wahl des Siegertitels entsprechend interessant: Wer da wem so die Stimmen gibt! Nichtsdestotrotz - Jahr für Jahr Freudentaumel und Enttäuschung, Skandale und die große Politik im kleinen. (John Kennedy O' Connor. Eurovision Song Contest. Das offizielle Buch zu fünfzig Jahren europäischer Popgeschichte. Gondlom Verlag, Bindlach 2005, 192 Seiten, gebunden 12,95 Euro).

 

TV-Skandale. Wem ist noch der ausflippende Klaus Kinski in "Je später der Abend", der bei "Masterfragen" oberpingelige Wim Thoelke im "Der große Preis" oder die Diskussion über aus heutiger Sicht harmlos wirkende Brutalszenen aus dem "Tatort. Der Fall Geisterbahn" von 1972 im Gedächtnis geblieben? Seit etwa fünfzig Jahren beeinflußt uns das Fernsehen wie kein anderes Medium zuvor. Bei vielen gehört der Konsum von TV-Programmen sogar genauso zum Tagesablauf wie Körperhygiene oder Mahlzeiten. In der Reflexion bleiben allerdings aus diesem Einerlei nur wenige signifikante Szenen erhalten. Der Hamburger Journalist Holger Kreymeier scheute sich nicht, aus der mittlerweile gewaltigen Sendungsfülle eine Auswahl von TV-Skandalen zu präsentieren, die vielleicht auch die Veränderung der bundesdeutschen Gesellschaft widerspiegeln. Einige dieser "Skandale" sind dabei eher aus größerer Perspektive als groteske Verirrung wirkende Stilblüten - sei es "Big Brother", "Tutti Frutti" oder das "Unterklassen-Fernsehen" mit nachmittäglicher Seelenprostitution. Leider sind Kreymeiers polemischen Bemerkungen deutlich ansprechender als das höchst strapazierende Kleinstschrift-Druckbild (Deutsche TV-Skandale. Ein polemisches Sachbuch. Kritischer Verlag, Hamburg 2005, 101 Seiten, gebunden, 12,90 Euro).


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen