© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/05 13. Mai 2005

Wunsch nach Begrenzung
Bevölkerungspolitik: Eine neue Studie bescheinigt Deutschen ambivalentes Verhältnis zu Ausländern
Peter Freitag

Die Mehrzahl der Deutschen ist der Auffassung, es gebe hierzulande zu viele Ausländer, meint jedoch gleichzeitig, die Anwesenheit von Ausländern sei ein Vorteil, da sie den Austausch mit anderen Kulturen erlaube.

Diese ambivalenten Aussagen fördert eine Studie über "Einstellungen zu demographischen Trends und zu bevölkerungsrelevanten Politiken" des Bundesinstituts für Bevölkerungsfragen (BiB) zutage. Rund 4.000 deutsche Männer und Frauen aller Altersschichten wurden von dem beim Statistischen Bundesamt angesiedelten Institut befragt. Die eingangs erwähnten Ergebnisse sind dem Kapitel "Ausländische Bevölkerung, Migration, Integration" zu entnehmen, dem 27 verschiedene Sätze zugrunde liegen, die den Befragten zur Zustimmung oder Ablehnung vorgelegt wurden. "Die Meinungen über Ausländer, Zuwanderung und Integration bieten ein äußerst differenziertes Bild mit einer Vielzahl an positiven und negativen Sichtweisen", so die Autoren der Studie. Sie kommen zu dem Ergebnis, daß Deutschland "nicht ausländerfeindlich" ist. Aber "es besteht in der Bevölkerung der eindeutige Wunsch nach Regelung und Begrenzung der Zuwanderung und eine ausgeprägte Forderung nach Integration."

Zwar stimmt nur ein Drittel (33,7 Prozent) der Aussage zu, daß Ausländer den Deutschen Arbeitsplätze wegnähmen, knapp 70 Prozent halten es jedoch für richtig, daß die Anzahl der Ausländer, die aufgenommen werden, auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes abgestimmt werden sollte. Über 74 Prozent stimmen der Aussage zu, ein Einwanderungsgesetz solle die jährlich aufzunehmende Anzahl von Ausländern festlegen, die eine Arbeitserlaubnis erhalten. Und obwohl 74,5 Prozent der Befragten der Auffassung sind, ihre Kinder sollten gemeinsam mit denen der Zugewanderten die Schule besuchen, assoziieren 61,8 Prozent mit der Zunahme des Ausländeranteils auch eine Ausbreitung von Kriminalität und Terrorismus. Besonders im Falle der illegalen Zuwanderung wünscht eine Mehrheit der Befragten ein härteres Vorgehen der Behörden: 72,8 Prozent stimmen der Aussage zu, daß Illegale sofort ausgewiesen werden sollten. Die Forderung nach mehr Integrationsbereitschaft hier lebender Ausländer trifft auf ein hohes Maß an Zustimmung: "86,4 Prozent finden, daß Ausländer, die sich länger in Deutschland aufhalten wollen, auch die Sprache, Bräuche und Regeln lernen sollten", heißt es in der Studie. Nur 16,9 Prozent der Deutschen sind der Auffassung, die Einwanderung müsse zunehmen, weil die Deutschen weniger werden, 44,2 Prozent (im Osten 56,4 Prozent) halten dagegen Einwanderung für unnötig und fordern, "die Deutschen sollen lieber mehr Kinder bekommen".

In manchen Fällen ist die Formulierung der Aussagesätze der vorliegenden Studie, denen es eventuell zuzustimmen gilt, erhellender als die prozentuale Gewichtung der Zustimmung oder Ablehnung - zumindest im Hinblick auf mögliche Intentionen der Fragesteller oder der Auftraggeber aus dem Bundesinnenministerium: So ist dem etwas plakativen Satz "Deutschland gehört den Deutschen" die pauschale Aussage "für Ausländer ist kein Platz" beigefügt, die den Adressaten vor ein Dilemma stellt, falls er den ersten Teil für zutreffend hält, ohne dem nachfolgenden Halbsatz jedoch zuzustimmen.

Da diese zweite Aussage jedoch konkreter und weitreichender hinsichtlich der Konsequenzen ist, verwundert nicht, daß der gesamten Aussage nur 14,4 Prozent der Befragten zustimmen. In der Einleitung des Kapitels der Studie, das sich mit den Einstellungen der Deutschen über Ausländer und Migration befaßt, heißt es zudem verkürzend, mit dem "Statement", Deutschland gehöre den Deutschen, könnten sich nur wenige Menschen identifizieren; der zweite Teil der vorgelegten Aussage wird hier noch geflissentlich unterschlagen.

Fraglich bleibt also, ob daher eine Mehrheit der Deutschen der Meinung ist, Deutschland gehöre nicht den Deutschen, und unbeantwortet bleibt ebenso, wem Deutschland denn nun gehört.


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