© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/05 13. Mai 2005

PRO&CONTRA
Rauchverbot am Steuer?
Ernst-Günther Krause / Johannes Hübner

Rauchende Autofahrer sind nicht nur eine Gefahr für sich selbst, sondern auch für andere Verkehrsteilnehmer. Dabei ist es völlig egal, ob sich die Unfallgefahr durch das Nikotinieren "drastisch erhöht" - was das Bundesverkehrsministerium verneint - oder ob jährlich nur einhundert Unfälle mit all dem menschlichen Leid für die schuldigen und noch mehr für die unschuldigen Opfer auf das Rauchen am Steuer zurückzuführen sind.

Tatsache ist, daß das Anzünden der Zigarette, das Drehen des Lenkrades mit einer Hand oder mit der Zigarette in der Hand, die Benutzung des Aschers, die Verqualmung des Innenraumes, die Erhöhung des CO-Gehaltes in der Atemluft und im Blut und noch etliche andere rauchbedingte Ablenkungen das Führen des Kraftfahrzeugs beeinträchtigen. Wenn es noch keine wissenschaftlichen Untersuchungen dazu gibt, dann sollte sie der Bundesverkehrsminister in Auftrag geben.

Selbstverständlich gibt es auch noch eine Reihe anderer Unfallquellen wie Gespräche mit dem Beifahrer oder dem Handy-Partner sowie den Griff zu Naschereien. Doch es ist eine Tatsache, daß die häufigste aller einfach zu beseitigenden Ablenkungsursachen beim Autofahren die Verwandlung des Fahrzeuginnenraums in einen Rauchsalon darstellt.

Daß ein Rauchverbot schwer zu kontrollieren ist, ist kein ernsthaftes Gegenargument, sondern eine Totschlagphrase.

Wenn der Bundesverkehrsminister die Sicherheit auf unserer Straße will, muß er ein Rauchverbot am Steuer verhängen. Das Schielen auf die (Wähler-)Stimmen der rauchenden Autofahrer geht auf Kosten vieler unschuldiger Menschen. Ganz abgesehen davon kann durch ein Rauchverbot am Steuer auch das Problem gelöst werden, daß Kinder von uneinsichtigen und rücksichtslosen Eltern in der engen Fahrgastzelle krank geraucht werden.

 

Ernst-Günther Krause ist Vizepräsident der Nichtraucher-Initiative Deutschland e.V. ( www.ni-d.de  oder www.nichtraucherschutz.de )

 

 

Der Automobilclub von Deutschland spricht sich klar gegen ein Rauchverbot am Steuer aus. Die Forderungen, daß es dringlich eines Rauchverbotes am Steuer bedarf und entsprechende Strafen nötig seien, sind nämlich statistisch unbegründet. Für die Behauptung, daß die Unfallgefahr durch Rauchen am Steuer drastisch steige, gibt es keine signifikanten statistischen Belege. Auch die Behauptung, Zigaretten am Steuer lenkten genauso ab wie Telefonieren mit dem Handy, entbehrt der statistischen Grundlage. Deshalb ist völlig unklar, ob ein Verbot überhaupt einen Einfluß auf die Verkehrssicherheit hätte. Die populistische Forderung nach einem Verbot läßt die Frage offen, wie dieses durchgesetzt und kontrolliert werden soll.

Der AvD fordert, den Rauchern nicht ihre Einsichtsfähigkeit abzusprechen. Untersuchungen des AvD-Instituts für Verkehrssoziologie haben ergeben, daß das Rauchen am Steuer auch bei Rauchern ein Thema ist und sich diese anders verhalten als vermutet: Viele Raucher rauchen im Fahrzeug nicht. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen vom Wertminderungsargument über die unverantwortliche Belastung der Mitfahrer bis hin zu Sicherheitsaspekten. Solche Einsichten müssen gefördert werden. Das ist mit Verboten aber nicht zu erreichen, was deutlich am seit langem bestehenden Handyverbot zu erkennen ist. Fängt man erst mit spezifizierten Einschränkungen an, müßte man über alle Ablenkungen des Fahrers diskutieren, also vom Trinken und Essen bis zur Bedienung von Radio und Navigationssystem. Fachleute definieren diese Ablenkung als "Verkehrsblindzeit" und fordern, daß im Auto generell keine Blick-Abwendung vom Verkehrsgeschehen akzeptiert werden sollte, die länger als 1,2 Sekunden dauert.

Der AvD fordert die Politik auf, mit Verbotsforderungen vorsichtiger zu sein und zuerst zu prüfen, ob eine gewünschte Maßnahme tatsächlich Sinn macht.

 

Johannes Hübner ist Leiter Kommunikation und Sport des Automobilclubs von Deutschland ( www.avd.de )


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