© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/05 06. Mai 2005

Meldungen

Das Wertegerüst in Deutschland zerbröselt

MÜNCHEN. CSU-Vize Horst Seehofer hat die Kapitalismus-Kritik von Franz Müntefering als "ein ganz durchsichtiges Manöver" kritisiert, das im "krassen Widerspruch" zu dem stehe, "was die Regierung tut". Der SPD-Chef selbst habe "einer Politik zugestimmt, die immer nur die Arbeitgeberseite entlastet. Die Auswüchse jetzt zu beklagen, ist zwar richtig, aber verlogen." Doch "die neoliberale Bewegung greift um sich wie eine Krake", erklärte der neue Chef des Sozialverbands VdK-Bayern im Focus. "Wenn wir aber alles nur noch unter ökonomischen Gesichtspunkten beurteilen, brauchen wir uns nicht zu wundern, daß das Wertegerüst in Deutschland zerbröselt", warnte der Ex-Bundesgesundheitsminister. Die Schere zwischen Arm und Reich werde immer größer. Es könne "nicht sein, daß wir unsere wirtschaftlichen Probleme weiter mit Sozialabbau beantworten". Man gebe statt dessen "zu viel Geld für das Falsche aus - für Bürokratie, für den öffentlichen Konsum", meinte der CSU-Vize.

 

"Menschen sind keine Kostenfaktoren"

STUTTGART. Porsche-Vorstandschef Wendelin Wiedeking hat den ungezügelten "Shareholder-Value-Kapitalismus" kritisiert. In seiner Firma stehe hingegen "der Kunde an erster Stelle", meinte Wiedeking letzte Woche in der Zeit. "Dann kommen die Mitarbeiter, dann die Geschäftspartner, Lieferanten, Händler und danach die Shareholder", so der Porsche-Chef. "Völlig unangebracht ist es, den Shareholder an die erste Stelle zu setzen. Damit wird die Kraft im Unternehmen beschränkt, man erreicht das Gegenteil, und man bewegt die Spirale nach unten." Menschen seien keine Kostenfaktoren, sondern "in erster Linie Erfolgsfaktoren, sonst würde man sie doch gar nicht einstellen". Er sei erstaunt, wie unkritisch die Medien "diesen Jargon" übernehmen. "Kostenfaktoren reduziert man, Erfolgsfaktoren steigert man." Das sollten Unternehmer und Medien "einfach mal beherzigen". Die Presse müsse kritischer mit jenen Unternehmern umgehen, denen nichts anderes einfalle, als Menschen zu entlassen. "Diese Leute haben nichts verstanden."

 

Wildfleisch und Pilze weiter stark radioaktiv

BRÜSSEL/KIEW. 19 Jahre nach dem Reaktor-GAU im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl sind noch zahlreiche Nahrungsmittel radioaktiv belastet. Dies gelte nicht nur für Gebiete in der Ukraine und Weißrußland, sondern auch für weit entfernte EU-Regionen. Dies teilte letzte Woche die EU-Kommission auf eine Anfrage der grünen EU-Parlamentarierin Rebecca Harms mit. So gebe es in Großbritannien Einschränkungen für den "Transport, Verkauf sowie das Schlachten von Schafen". In "Wildfleisch, wild wachsenden Beeren, Wildpilzen und in fleischfressendem Fisch (...) aus bestimmten Regionen in Deutschland, Österreich, Italien, Schweden, Finnland, Litauen und Polen" werde zuweilen eine Belastung mit Cäsium 137 erreicht, die vielfach über dem Grenzwert liege. Der Verzehr bestimmter Nahrungsmittel müsse noch viele Jahre eingeschränkt bleiben.


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