© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/05 06. Mai 2005

Norman Finkelstein
Allein gegen alle
von Ronald Gläser

Finkelstein ist wieder da! Mit einem neuen Buch sorgt er derzeit in den USA für Furore. In "Beyond Chutzpah. On the Misuse of Anti-Semitism and the Abuse of History" ("Mehr als nur Chuzpe. Über den Mißbrauch von Antisemitismus und die Mißhandlung der Geschichte") stellt der New Yorker Politik-Professor dar, wie wenig sich Israel im Konflikt mit den Palästinensern um die Menschenrechte schert. Er erkennt die ständig wiederkehrenden Berichte über einen unmittelbar bevorstehenden, neuen und globalen Antisemitismus als Medienkampagnen - die immer dann lanciert würden, wenn Israel international in die Kritik gerate.

Das ruft seine Gegner auf den Plan - Gegner wie etwa Alan Dershowitz. Der renommierte Jurist und Harvard-Professor weiß: "Finkelsteins Leserschaft besteht aus Nazis und Fanatikern." Er weiß das, lange bevor Finkelsteins Buch überhaupt in Druck gehen wird (Sommer 2005). Für Deutschland verhandelt Finkelstein mit Piper, mit einer Veröffentlichung in diesem Jahr ist aber nicht mehr zu rechnen. Ob es 2006 erscheint, ist offen, denn offensichtlich zielt Dershowitzs Kritik darauf, zu verhindern, daß "Beyond Chutzpah" je gedruckt wird. In seinem eigenen Buch "Plädoyer für Israel" (Europa Verlag, 2005) suggeriert Dershowitz, daß der Nahost-Staat gutmütig und nur seine Nachbarn aggressiv seien. Araber rangieren in der Reihe der von Dershowitz meistgehaßten Personen gleich hinter SS-Leuten auf Platz zwei.

Schon vor fünf Jahren hatte Finkelstein mit seinen Thesen die gesamte von ihm so kritisierte Holocaust-Industrie gegen sich aufgebracht. Damals warf er der Jewish Claims Conference (JCC) vor, doppelt abzukassieren und Gelder für NS-Opfer veruntreut zu haben. Außerdem habe man die Zahl der anspruchsberechtigten Zwangsarbeiter nach oben manipuliert.

Außer den Eltern kam die gesamte Familie beim Holocaust ums Leben - das ist die Familiengeschichte von Norman Finkelstein. Doch Familien wie seine sind mit einem Taschengeld abgespeist worden, während sich JCC-Funktionäre die Taschen vollgestopft hätten. In Zusammenhang mit der GoldhagenDebatte sprach Finkelstein von einem "Delirium der Holocaust-Ideologen".

Wäre der 52jährige Christ oder Moslem, dann hätte er wegen "Rechtsextremismus" längst seinen Professorenstuhl räumen müssen. Doch angesichts Finkelsteins jüdischer Abstammung bleibt Dershowitz, Goldhagen und Co. nichts anderes übrig, als den Mann als Lügner, Betrüger, Fanatiker oder Verschwörungstheoretiker zu beschimpfen.

Der Versuch, Finkelsteins Verlag University of California Press unter Druck zu setzen, gipfelte nun in Dershowitz' Appel an Arnold Schwarzenegger, den Gouverneur von Kalifornien. Ob der - zeitgeistig angepaßte - Terminator das Duell zwischen dem Zionisten Dershowitz und dem Antizionisten Finkelstein entscheiden wird, bleibt abzuwarten.


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