© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/05 29. April 2005

CD: Metal
Kampfansage
Thorsten Thaler

Als Metal-Band außerhalb der eigenen randständigen Szene wahrgenommen zu werden, ist nicht vielen Gruppen vergönnt. Zu den wenigen, die es geschafft haben, das metallische Paralleluniversum hinter sich zu lassen und in breitenwirksame Sphären vorzustoßen, gehört zweifellos die aus Schweden stammende Formation Hammerfall. Die Mannen um Gitarrist Oscar Dronjak und Sänger Joacim Cans sind 1997 mit ihrem Debüt-Album "Glory To The Brave" wie ein Orkan in die Metaller-Welt eingebrochen, haben seither drei weitere durchweg hörenswerte CDs veröffentlicht und legen nun mit "Chapter V: Unbent, Unbowed, Unbroken" (Nuclear Blast) ihr jüngstes Opus vor.

Ungebogen, ungebeugt, ungebrochen - den Titel des neuen Albums will die Gruppe als kämpferische Antwort an jene Kritiker - und wohl auch Neider - verstanden wissen, die Hammerfall seit langem mit Spott und Häme überziehen. Hauptvorwurf: Die Band erfülle jedes althergebrachte Klischee der Metal-Szene, musikalisch wie textlich und bis hin zum äußeren Erscheinungsbild der fünf Musiker. Und sei damit - horribile dictu - auch noch kommerziell erfolgreich. Pfui!

Der Band gehen solche Vorhaltungen - zu Recht! - schwer auf die Nerven. In einem Interview mit der Musikzeitschrift Rock Hard räumte Gitarrist Dronjak zwar freimütig ein, daß man von Hammerfall keine großen stilistischen Veränderungen erwarten dürfe. Zugleich wehrt er sich vehement gegen die zum Teil bis ins Persönliche ausgreifenden Anfeindungen. "Man muß doch so tolerant sein und anerkennen können", so Dronjak in einem Gespräch mit der Zeitschrift Metal Hammer, "daß sich jeder - auf welche Weise auch immer - energisch für seine Sache einsetzt und um seinen Platz in der Gesellschaft kämpft! Wer das nicht versteht, soll sich zum Teufel scheren und uns in Ruhe lassen!"

Welches Niveau die Schmähungen angenommen haben, zeigt eine Besprechung des neuen Hammerfall-Albums "Chapter V ..." im Internet-Musikkanal laut.de. Zu der Ballade "Never, Ever" schreibt ein Kritiker, sie schmalze so herzzerreißend vor sich hin, "daß ich direkt zum Feuerzeug greifen will. Daß ich damit weniger im Takt schwenke, sondern mich viel lieber in Brand setzen würde, verkommt dabei fast zur Nebensache."

Den zahlreichen Fans von Hammerfall sind solche Totalverrisse meist herzlich gleichgültig. Sie bekommen, was sie wollen, und das auch auf dem neuen Album in gewohnter Qualität. Zehn Lieder, fünfzig Minuten geballte Energie, hundert Prozent melodischer Schwermetall. Angefangen von dem Opener "Secrets", dessen Gitarrenintro entfernt an "Thunderstruck" von AC/DC erinnert und im Mittelteil mit einem Cembalo überrascht, über Midtempo-Stücke wie "Hammer of Justice" bis hin zu dem gut zwölfminütigen, kompositorisch vertrackten "Knights Of The 21st Century" weiß das Quintett alles in allem zu überzeugen. Einzig das nur auf der Akustikgitarre gespielte, gemächlich fließende Instrumentalstück "Imperial" wirkt wie ein Fremdkörper.

Besondere Glanzlichter - allen Kritikern zum Trotz - setzen Hammerfall mit dem als Single ausgekoppelten Ohrwurm "Blood Bound" und der erwähnten Ballade "Never, Ever". Beide Stücke fesseln durch ihre eingängigen Refrains und besitzen zudem den unschätzbaren Vorzug, mit jedem Durchlauf im CD-Spieler immer noch besser zu werden.

Wer von Hammerfall nicht genug bekommen kann und die Band dieses Jahr auf der Bühne erleben will, hat dazu in Deutschland nur auf dem "16. Wacken Open Air" vom 4. bis 6. August die Gelegenheit. Karten dafür gibt es noch, und in Anzug und Krawatte werden die Jungs ganz sicher nicht losrocken.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen